Stichtag

13. Oktober 2009 - Vor 10 Jahren: Ulrich Günther stirbt in Potsdam

In den 1960er Jahren gehören sie zu den erfolgreichsten Musikern der Bundesrepublik: Die sechs Mitglieder der Band "The Lords". Formiert hat sich die Gruppe 1959 in Berlin um den Gründer und Leadsänger Ulrich Günther. Weil "Ulli" mit einer geschenkten "Melone", einem englischen Bowler, auf einer Party auftaucht, erhält er den Spitznamen "Der Lord". Daraus entwickelt sich der Bandnamen. Zunächst spielt die Gruppe Skiffle: eine musikalische Verbindung von Folklore und Jazz, bei der auch unkonventionelle Instrumente wie Waschbretter und Kämme mit Seidenpapier zum Einsatz kommen. Dann wechselt die Band ihren Musikstil und wird 1964 bundesweit bekannt: Im Hamburger "Star-Club" werden "The Lords" bei einem Wettbewerb zur deutschen "Beatformation Nummer eins" gekürt und mit dem Titel "Die deutschen Beatles " ausgezeichnet.

Mit "Shakin' All Over" landen die Lords im August 1965 ihren ersten Single-Hit. Der gelernte Dekorateur Günther kann zwar kein Instrument spielen, aber er hat eine unverwechselbare Stimme. Er singt englisch - mit deutlich deutschem Akzent. Doch die Fans stören sich daran nicht. Das Pidgin-Englisch der "Lords" hat bald Kultcharakter. Leo Lietz, ebenfalls Dekorateur im früheren Berufsleben und nun der zweite Mann der Band, schreibt zwei Monate später "Poor Boy". Der Song ist eigentlich als B-Seite einer Single konzipiert, er entwickelt sich aber zu einem weiteren Hit. Von ihrer Plattenfirma werden die "Lords" gezielt als deutsche Beatles vermarktet. Sie treten zwar mit den verpönten langen Haaren auf, haben sie aber auf "Ullis" Anregung brav zu einer Prinz-Eisenherz-Frisur gefönt. Dazu tragen sie weiße Rüschenhemden, dunkle Hosen und Gamaschen.

Sechs Jahre lang landen die "Lords" Hit auf Hit. Die meisten schreibt Lietz. Dabei kann auch er weder Noten lesen, noch hat er eine musikalische Ausbildung. Günther hält derweil die Truppe zusammen, bestimmt den Tourneekalender, verhandelt mit der Plattenfirma und hält engen Kontakt mit Radio- und Fernsehsendern. "Ein ganz Netter", erinnert sich WDR 2-Oldie-Experte Roger  Handt. Einmal habe er mit "Ulli" eine Veranstaltung gemacht, zu der weniger Zuschauer als geplant gekommen seien. "Ulli hat spontan gesagt: Komm, wir kürzen das Honorar um die Hälfte." Ende der 1960er Jahre wird es ruhiger um die "Lords ", die Plattenverkäufe stagnieren. Die Bandmitglieder ziehen sich vorübergehend ins Familienleben zurück.1976 finden sie erneut zusammen. In den 1990er Jahren spielen die Lords dann viel in den neuen Bundesländern, in denen sie schon zu DDR-Zeiten beliebt waren. Am 9. Oktober 1999 bricht Günther während eines Auftritts in Potsdam auf der Bühne zusammen. Er hat seit Jahren Herzprobleme. Vier Tage später stirbt der 57-Jährige im Krankenhaus. "Lord Ullis" Tod ist nicht das Ende der Band: Ein Jahr später übernimmt Lietz das Kommando.

Stand: 13.10.09