Als Marlon Brando im Oktober 1976 am Drehort von "Apocalypse Now" eintrifft, hat er seinen Schauspielervertrag schon gebrochen. In Francis Ford Coppolas Vietnamdrama soll er einen Colonel von den US-Streitkräften spielen. Mit seinem extremen Übergewicht aber ist er viel zu massig für die Rolle. Entgegen der Abmachung hat Brando kein Gramm abgespeckt - und verkörpert trotzdem das Grauen des Vietnamkriegs wie kein Zweiter. Für seine Minirolle kassiert er zehn Millionen Dollar.
Geboren wird Brando 1924 in Omaha im US-Bundesstaat Nebraska. Als Kind alkoholabhängiger Eltern verlebt er eine unglückliche Kindheit. Autoritäten widersetzt er sich mit Agressivität. Sein Vater schickt den schwachen Schüler auf ein militärisch geprägtes Privatinternat, das er 1943 ohne Abschluss verlassen muss. Schon zu dieser Zeit gibt Brando den jugendlichen, triebgesteuerten Rebell.
1943 übersiedelt er nach New York, wo er in der Schauspielschule von Erwin Piscator unterrichtet wird. Nach dem Bruch mit Piscator geht er zum Broadway, wo er mit einer Nebenrolle im Musical "I Remember Mama" debütiert. Mit gestähltem Körper überzeugt er 1947 auf der Bühne in "Endstation Sehnsucht" von Tennessee Williams: Die Verfilmung des Dramas macht ihn weltberühmt. Danach glänzt Brando in Kinoproduktionen wie "Julius Cäsar" (1953), "Der Wilde" (1953) oder "Die Faust im Nacken" (1954), dem Drama über gewerkschaftliche Korruption. Für seine Darstellung des New Yorker Hafenarbeiters Terry Malloy erhält Brando seinen ersten Oscar.
Brandos schillernde Auftritte am Set sind legendär. Im Film "Meuterei auf der Bounty " (1962) muss er einen Mann spielen, der seinen schweren Brandwunden erliegt. Als er erfährt, dass man sich dabei wie ein Erfrierender fühlen soll, lässt er 50 Kilo zerstoßenes Eis zum Drehort bringen und legt sich hinein, bis er blau anläuft, um sich in die Rolle besser hineinversetzen zu können. Gleichzeitig aber lehnt er es ab, seinen Text zu lernen, sodass viele Szenen immer wieder neu gedreht werden müssen. Nicht zuletzt derartige Eskapaden sind es, die Brando beim Kinopublikum beliebt werden lassen.
Mitte der 50er Jahre ist Brando einer der gefragtesten Hollywoodstars. Dann verspekuliert er sich mit seiner Produktionsfirma und ist gezwungen, ungeliebte Angebote anzunehmen. Nach 20 Kinoflops will ihn niemand mehr engagieren. Für Francis Ford Coppolas "Der Pate" (1972) muss er wie seine unbekannteren Kollegen vorsprechen. Seinen zweiten Oscar für die Rolle des Maffiabosses Don Vito Corleone lehnt er ab. Bei der Verleihung schickt er eine als Indianerin verkleidete Schauspielerin auf die Bühne, die eine Rede für die Rechte der Ureinwohner hält. 1973 spielt er im Skandalfilm "Der letzte Tango in Paris" eine Hauptrolle. Marlon Brando stirbt am 1. Juli 2004 in Los Angeles an Lungenversagen.
Stand: 01.07.09