Donatien-Alphonse-Francois Marquis de Sade ist reich, begabt und hat beste Beziehungen zum französischen Königshof. Geboren wird er am 2. Juni 1740 in Paris als Spross eines provencalischen Adesgeschlechts. Dennoch verbringt er die Hälfte seines Lebens in Gefängnissen und Irrenhäusern. Er beschreibt seine Gewaltexzesse nicht nur - er lebt sie auch: "Es ist wahr, dass es gewisse Personen gibt, die sich in das Böse verbissen haben. Das Böse ist für sie ein natürlicher Zustand, aus dem keine Anstrengung sie zu lösen vermag." Die Gedanken und Taten des Marquis de Sade haben nichts zu tun mit schicker Lack-Leder-Szene oder erotischem Spieltrieb. De Sade verachtet Frauen und glaubt, Lust nur empfinden zu können, wenn er ihnen Schmerz zufügt: "Man muss den Hass der Frau auf sich ziehen. Und sie peinigen, um den Genuss an ihr ergötzlich zu machen. Ein wahrhaft sinnlicher Mensch hat einen größeren Genuss, wenn er Schmerz zufügt, als wenn er Lustgefühle zu wecken versucht."Als der junge de Sade Pamphlete über die "Extreme Lust" schreibt, ist die französische Rokoko-Gesellschaft keineswegs schockiert. Wer im Paris des ausgehenden 18. Jahrhunderts dazu gehören will, muss schließlich Libertin sein - ein Freigeist, der freche Reden gegen die Kirche führt und erotische Orgien feiert. Doch als der Marquis seine grausamen Ideen in die Tat umsetzt, sind selbst die Libertins entsetzt. Mit 23 Jahren wird de Sade 1763 zum ersten Mal verhaftet. Er hat junge Huren in einsame Häuser gelockt. Dort hat er sie mit Peitschen, Stöcken und Feuer gequält und gezwungen, auf ein Kruzifix zu urinieren. In der Haft schreibt de Sade wie besessen. Seine Romane gehören zum Schrecklichsten, was die europäische Literatur hervorgebracht hat. Romanfiguren wie "Justine" oder "Juliette" werden entführt, gefoltert und missbraucht. Sperma, Blut, Kot, Urin - die "120 Tage von Sodom" sind ein Katalog aller Schmerzen, die Menschen Menschen zufügen können.
In den Wirren der Französischen Revolution werden seine Bücher für Anklagen gegen die Dekadenz von Adel und Kirche gehalten. De Sade kommt frei, zumal er versichert: "Ich habe gewiss nicht alles ausgeführt, was ich ersonnen habe, und ich werde es gewiss niemals ausführen." Aber er macht trotzdem weiter. Mehrere Frauen werden nach seinen Angriffen in Krankenhäuser eingeliefert. Schließlich wird er im Irrenhaus von Chareton in lebenslängliche Sicherungsverwahrung genommen. Dort stirbt Donatien Marquis de Sade am 2. September 1814. 20 Jahre nach seinem Tod taucht in einem französischen Lexikon zum ersten Mal der Begriff "Sadismus" auf. Er bezeichnet sexuelle Perversionen, bei der Lust nur durch Gewalt erreicht werden kann.
Stand: 02.12.04