Mitte des 19. Jahrhunderts revolutioniert der Schreibtelegraf von Samuel Morse die gesamte Kommunikationstechnik. Schon damals kommen findige Köpfe auf die Idee, nicht nur Funksignale, sondern auch "Faksimile" (lateinisch "mach ähnlich"), also identische Kopien von Schriftstücken oder Abbildungen in die Ferne zu übertragen. Als Erster konstruiert 1865 der Italiener Giovanni Caselli einen brauchbaren "Faksimiletelegrafen", der allerdings eine aufwändige chemo-elektrische Bearbeitung der Sendevorlage erfordert. Dem Münchener Professor Arthur Korn gelingt es 1904, eine Original-Fotografie durch Einsatz einer Fotozelle in 45 Minuten von München nach Nürnberg und zurück zu übertragen. Von Korns Entwicklung profitieren vor allem die großen europäischen Zeitungen, die ihren Lesern damit eine aktuelle Berichterstattung in Wort und Bild anbieten können.
Drei Jahre nach den erfolgreichen Tests kann Korn 1907 das erste funktionierende Bildübertragungsnetz zwischen London, Paris und Berlin einrichten. Doch erst ein junger schwedischer Ingenieur schafft die Voraussetzungen für eine transatlantische Bildkommunikation zwischen Europa und den Vereinigten Staaten. Ernst Fredrik Werner Alexanderson, 1878 in Uppsala geboren, wird an den Technischen Hochschulen in Stockholm und Berlin-Charlottenburg zum Elektroingenieur ausgebildet. Mit 24 Jahren wandert der als Techniker wie als Erfinder gleichermaßen begabte Schwede in die USA aus und macht schnell beim Großkonzern General Electric (GE) als Pionier der Langwellen-Radiotechnik Karriere. Als Ingenieur der Radio Corporation of America (RCA) richtet Alexanderson eine drahtlose, kommerziell nutzbare Funkstrecke zwischen der RCA in New York und der Marconi Gesellschaft in London ein.
Zu jener Zeit reisen Bilder in aller Regel noch mit dem Schiff von der Alten in die Neue Welt. Fotos aus Europa in amerikanischen Zeitungen sind damit am Erscheinungstag bereits mindestens zehn Tage alt. Angesichts der wirtschaftlichen und politischen Ereignisse jener Zeit gieren die US-Medien förmlich nach brandaktuellem Bildmaterial. Alexanderson gelingt es mit seinem RCA-Team, die neue Funkstrecke auf Basis der Entwicklungen von Arthur Korn für Faksimile-Übertragungen auszubauen. Seine erste Botschaft, die den Atlantik überquert, ist am 5. Juni 1924 ein handschriftlicher Brief an seinen Vater in Schweden. Zwei Jahre später, im April 1926, nimmt der erste kommerziell betriebene Fax-Übermittlungsdienst zwischen Europa und Amerika seine Arbeit auf. Das erste Foto, das über Alexandersons Funkstrecke in New York eintrifft, ist eine Aufnahme vom jährlichen Dinner der Pilgrims Society, einer Gesellschaft zur Förderung der britisch-amerikanischen Beziehungen. Per Fax braucht es für seine Reise über den Atlantik nur noch eine Stunde und 25 Minuten.
Stand: 05.06.09