"In der heutigen Zeit mit ihrer immer drohender werdenden Unsicherheit, mit ihrer Untergrabung und Verhöhnung der Staatsgewalt wird der Schrei nach einem Polizeihund bald allgemein werden." Diesen Schrei prophezeit Rittmeister Max von Stephanitz Ende des 19. Jahrhunderts - und erhört ihn auch gleich selbst: Er kauft einen Hütehund mit dem Namen Hektor, tauft ihn Horand von Grafarth und lässt ihn Hündin Mari decken. Eine neue Hunderasse entsteht. Am 22. April 1899 gründet Stephanitz den "Verein für deutsche Schäferhunde". Dieser soll fortan über die Reinrassigkeit der Tiere wachen. Dabei stützt sich Stephanitz auf einen Gedanken, der im 19. Jahrhundert weit verbreitet ist: "Er hat gelesen, wie man eine arisch-germanische Menschenrasse züchtet, und hat sie sozusagen als Modellversuch auf den Hund angewandt", sagt Geschichtsprofessor Wolfgang Wippermann. "Er wollte ein deutsches Symbol schaffen."
Im Ersten Weltkrieg schicken 30.000 Vereinsmitglieder ihre Tiere freiwillig an die Front: als Melde- und Sanitätshunde, als Kabelleger und Minensucher. Im Zweiten Weltkrieg werden die Einsätze noch perfider: Schäferhunde werden mit einem Sprengsatz auf dem Rücken unter feindliche Panzer geschickt, um diese in die Luft zu jagen. Die Tiere wurden zuvor unter Panzern gefüttert und so abgerichtet. Die Nazis setzen Schäferhunde auch in Konzentrationslagern als Wachhunde ein und hetzen sie auf Häftlinge. Gleichzeitig werden die Tiere für die NS-Propaganda eingespannt: Hündin Blondi etwa soll Adolf Hitler nicht von der Seite weichen, vor allem nicht in Wochenschau-Aufnahmen. "Mit seinem Hund hat er sich menschlich dargestellt", so Wippermann. "Insofern ist der deutsche Schäferhund ein Teil des Führerkults."
Nach dem Zweiten Weltkrieg muss die deutsche Schäferhund-Bestie entdämonisiert werden. Dabei hilft ausgerechnet ein US-Import: Die Fernsehserie "Rin Tin Tin" zeigt den Schäferhund in den 1950er Jahren als Familientier. Dennoch ist lange klar: einen deutschen Schäferhund kauft sich nicht jeder: "Für uns 68er war der Schäferhund-Besitzer natürlich der Faschist par excellence ", erinnert sich Wippermann. Mittlerweile seien die aggressiven Eigenschaften des Hundes jedoch weggezüchtet worden. Dennoch rangiert der Deutsche Schäferhund in Beiss-Statistiken auf den vorderen Plätzen. Heiko Christian Grube, Vizepräsident des "Vereins für deutsche Schäferhunde", vermutet allerdings ungenaue Zahlen: "Wir stellen fest, dass häufig Hunde als Schäferhunde tituliert werden, obwohl sie keine sind." Mit seiner "Begleithundprüfung" bietet der Verein eine Rundum-Erziehung für Hund und Herrchen an - auch für Hunde anderer Rassen. Nach Vereinsangaben leben zurzeit rund 250.000 reinrassige deutsche Schäferhunde in Deutschland. Jährlich werden etwa 20.000 Welpen ins deutsche Zuchtbuch eingetragen.
Stand: 22.04.09