Die Menschen links und rechts der Elm Street winken begeistert, als Jackie und John F. Kennedy am 22. November 1963 im offenen Lincoln Continental an ihnen vorbeirollen. "Mr. President, man kann nicht sagen, dass Dallas Sie nicht liebt", ruft Gouverneursgattin Nellie Connally, die das Präsidentenpaar an der Seite ihres Mannes begleitetet. "Nein", stimmt Kennedy zu, "das kann man bestimmt nicht sagen". Nur Sekunden später peitschen Schüsse über die Dealey Plaza von Dallas. Der 35. Präsident der USA sackt, am Kopf tödlich getroffen, in seinem Sitz zusammen. Gegen 13.00 Uhr können die Ärzte im Parkland Memorial Hospital nur noch seinen Tod feststellen. Als Tatverdächtigen verhaftet die Polizei kurz darauf den 24-jährigen Lee Harvey Oswald. Zwei Tage später wird Oswald selbst vom Nachtclub-Besitzer Jack Ruby erschossen. Um allen kursierenden Gerüchten über ein Mordkomplott Einhalt zu gebieten, beauftragt Kennedy-Nachfolger Lyndon B. Johnson am 29. November eine Kommission, die Hintergründe des Attentats aufzuklären. Zum Vorsitzenden beruft er den als liberal geltenden Obersten Richter der Vereinigten Staaten, Earl Warren.
Der siebenköpfigen Warren-Kommission gehören unter anderem der frühere Weltbankpräsident John Jay McCloy, der spätere US-Präsident Gerald Ford und Allen W. Dulles an. Der Ex-CIA-Direktor, den Kennedy 1961 wegen des Geheimdienst-Desasters bei der US-Invasion in der kubanischen Schweinebucht entlassen hatte, verficht von Beginn an energisch die These, dass allein Lee Harvey Oswald für Kennedys Ermordung verantwortlich ist. Das Gremium wertet ausschließlich die Erkenntnisse von Polizei, FBI, CIA und anderen Geheimdiensten aus. Der Versuch, mit eigenen Ermittlern die vielen Widersprüche aufzuklären, die sich aus dem Abgleich der verschiedenen Quellen ergeben, wird nicht unternommen. Durchaus vorhandenen Hinweisen auf mögliche Mitverschwörer Oswalds geht die Warren-Kommission zu keinem Zeitpunkt nach. Eines der größten Rätsel, die Theorie der sogenannten "magischen Kugel", bleibt unter den Kommissionsmitgliedern auch nach zehn Monaten Arbeit strittig.
Wenn Oswald nämlich der alleinige Attentäter war und insgesamt drei Mal geschossen hat, dann müsste die dritte "magische" Kugel Kennedys Hals durchschlagen, dann mehrmals die Richtung geändert und bei dem vor Kennedy sitzenden Gouverneur John Connally insgesamt fünf Wunden an verschiedenen Körperteilen verursacht haben. So hält die Welt gespannt den Atem an, als der 850 Seiten starke Abschlussbericht der Kommission, Warren-Report genannt, am Sonntag, dem 27. September 1964, der Öffentlichkeit präsentiert wird. Das Ergebnis klingt eindeutig: Lee Harvey Oswald, der sich selbst als Marxist-Leninist bezeichnet hat, ist allein verantwortlich für das Attentat auf John F. Kennedy. Einen wie auch immer gearteten Verschwörungshintergrund gibt es nicht. Zwei Drittel der US-Bürger bezweifeln laut einer Umfrage das Ermittlungsergebnis, das letztlich mehr Fragen aufwirft als beantwortet. Daran ändern auch 26 Bände mit Beweisdokumenten und Zeugenaussagen nichts, die später veröffentlicht werden. Was damals im November 1963 wirklich auf der Dealey Plaza geschehen ist, bleibt bis heute ungeklärt.
Stand: 27.09.09