"Das ist eine schöne, fette, dunkle, arme und spektakuläre Stadt", sagt Claus Peymann über Bochum. "Ich möchte keine Sekunde missen, die ich dort verbracht habe." Er ist sieben Jahre lang Intendant am Bochumer Schauspielhaus. Bochum sehe zwar aus "wie so eine Stadt in Sibirien", habe aber "ein enormes Theater-Herz", sagt Peymann. "Die Stadt findet sich im Theater. Und darum kann man dort sehr gut arbeiten." Diese Erfahrung habe schon der erste Intendant des wieder errichteten Schauspielhauses, Hans Schalla, gemacht. Dieser leitet nach dem Zweiten Weltkrieg den Spielbetrieb, ab 1949. Da das alte, 1915 eröffnete Theatergebäude bei einem Luftangriff zerstört wurde, finden die ersten Aufführungen im Saal des Stadtpark-Restaurants statt. Das neue Schauspielhaus wird am 23. September 1953 eröffnet - wieder an der Königsallee.
Intendant Hans Schalla setzt einerseits auf Shakespeare und die deutschen Klassiker, andererseits auf die Moderne. Es kommen Gegenwartsdramatiker wie Bertolt Brecht, Tennessee Williams und Jean-Paul Sartre auf den Spielplan. Schalla macht "Theater fürs Volk, für die Menschen", wie er sagt: "Damit sind wir - oder ich - auch ein bisschen berühmt geworden." Beliebt ist Schalla nicht nur beim Publikum, sondern auch bei seinen Bühnenarbeitern. Während der Proben fragt er sie nach ihrer Meinung und nimmt ihre Vorschläge auf. Als Schalla in Pension geht, folgt ihm 1972 Peter Zadek als Intendant. Zadek ist ein Mann des Entertainments, sein Auftakt ist eine Revue. Das Theater soll von nun an ein Fest sein. "Fest" bedeutet für Zadek, "dass viele Leute sich zusammentun, um sich gemeinsam zu amüsieren oder sich zu erheben oder zu irgendetwas."
Nach Zadek wird 1979 Claus Peymann dritter Intendant des Bochumer Schauspielhauses. Er praktiziert eine Balance zwischen Seriosität und Komik, die vor allem beim jungen Publikum ankommt. Nach jeder dritten Vorstellung der "Mutter Courage", der "Weber" oder des "Nathan" stehen die Schauspieler und das Regie-Team einer Schulklasse Rede und Antwort. 1986 geht Peymann nach Wien ans Burgtheater. Sein Nachfolger in Bochum wird sein Schüler Frank-Patrick Steckel. Schauspielerin Tana Schanzara, seit 1956 festes Ensemble-Mitglied in Bochum, ist von Steckels Arbeit allerdings nicht begeistert: "Da war ja Dauer-November. Alles immer so grau und so lange Stücke." Ab 1995 werden die Amtszeiten der Bochumer Intendanten kürzer: Leander Haußmann und Matthias Hartmann bleiben je fünf Jahre. Elmar Goerden, der 2005 die Position übernimmt, gibt schon im dritten Jahr auf: "Bochum kostet meine Gesundheit, meine Ehe, einfach alles." Seine Erklärung: "Das Schauspielhaus Bochum ist immer größer als der amtierende Intendant."
Stand: 23.09.08