Nach dem Zweiten Weltkrieg wird in Berlin die ehemalige Friedrich-Wilhelms-Universität 1946 neu eröffnet und später in Humboldt-Universität umbenannt. Schon bald gibt es allerdings Proteste von Studierenden und einigen Lehrkräften. Das Problem: Die Universität hat ihren Sitz Unter den Linden und liegt damit im sowjetisch besetzten Ostsektor der Stadt. Die Kommunisten versuchen, die Studenten auf ihren Kurs zu zwingen. Es gibt politische Pflichtvorlesungen, Verhaftungen und Verurteilungen. Als im April 1948 drei Studenten wegen kritischer Glossen in einer Studentenzeitschrift vom Studium ausgeschlossen werden, fordern rund 2.000 Studierende die Gründung einer freien Universität in West-Berlin. Unterstützt werden sie vom Berliner Oberbürgermeister Ernst Reuter ( SPD ): "Der Kampf um Berlin ist nicht ein Kampf um materielle Güter allein [...]: Es ist eine große geistige Auseinandersetzung, bei der wir ohne eigene Universität nicht existieren können." Die Sowjets haben mittlerweile alle Verbindungen von Westdeutschland zur Hauptstadt gesperrt: Die Auseinandersetzung mit den westlichen Alliierten über die Zukunft Deutschlands hat am 20. Juni 1948 zur Berlin-Blockade geführt.
Am 164. Tag der Berlin-Blockade ist es soweit: Am 4. Dezember 1948 gründen Studenten und Professoren mit Hilfe von Berliner Politikern und der amerikanischen Besatzungsmacht die Freie Universität (FU) Berlin mit Sitz im Stadtteil Dahlem. Der Festakt findet im Titania-Filmpalast statt. Auffallend dabei ist das Fehlen der eingeladenen Rektoren westdeutscher Universitäten. Ihnen missfällt das sogenannte Berliner Modell, das auf einer starken Selbstverwaltung und Staatsferne basiert: Keine Talare mehr, keine schlagenden Verbindungen, keine Professoren mit Nazi-Vergangenheit. Studiert und gelehrt werden soll ohne parteipolitische Doktrin. Die Studenten haben in allen Organen ein Mitspracherecht - im Akademischen Senat, in den Fakultäten und sogar im Kuratorium, dem obersten Wirtschaftsgremium. Der Wahlspruch der ersten deutschen Reform-Universität lautet: Veritas, Justitia, Libertas - Wahrheit, Gerechtigkeit, Freiheit.
Als der Gründergeist erlahmt und die Talare zurückkehren, begehren die Studenten Mitte der 1960er Jahre auf. Sie wollen ihre Beteiligung ausweiten. Ein Schuss ändert jedoch alles. Am 2. Juni 1967 wird der unbewaffnete FU-Student Benno Ohnesorg bei einer Demonstration gegen den Besuch des Schahs von Persien von einem Berliner Polizisten erschossen. Es geht nicht länger nur um eine Hochschulreform, sondern um den Widerstand gegen Notstandgesetze, Vietnamkrieg und Establishment. Die Freie Universität wird zu einem Zentrum der Außerparlamentarischen Opposition (APO). FU-Student Rudi Dutschke gehört zu ihren Exponenten. Rückblickend ist die Studentenbewegung für den FU-Mitbegründer Klaus Heinrich eine "letzte Liebeserklärung" an eine gesellschaftskritische Universität. Von da an, so der emeritierte Professor für Religionswissenschaft, wurde die Forschung immer mehr am wirtschaftlichen Nutzen ausgerichtet. Diese Anpassung an die Marktbedürfnisse hat der FU 2007 die Ernennung zur Elite-Universität eingebracht.
Stand: 04.12.08