"Ihre Stimme schreit, röhrt, keucht, röchelt, läutet, haucht, flüstert", schreibt 1969 Musikkritiker Ulrich Olshausen nach dem einzigen Deutschland-Konzert von Janis Joplin in Frankfurt am Main.
"Es hat eine solche Mischung von Farbenreichtum, totaler Verausgabung und gleichzeitig konzentrierter Musikalität wohl noch nicht gegeben." Joplin gilt als "beste weiße Blues-Sängerin" der Welt. "Ich habe immer diesen Blues gefühlt", sagt die US-Amerikanerin. "Ich habe gefühlt, dass darin eine tiefe Aufrichtigkeit ist. Das war immer die Musik, die mich fasziniert hat." Sie bewundert Billy Holiday und Aretha Franklin. Ihr Idol ist Bessie Smith: "In den ersten Jahren sang ich nur so wie Bessie Smith."
Geboren wird Janis Joplin am 19. Januar 1943 in der texanischen Kleinstadt Port Arthur, die vom Erdöl lebt. Vater Seth ist Ingenieur in einer Raffinerie, Mutter Dorothy kümmert sich um die Familie. Janis wächst behütet auf, sitzt im Tüllkleidchen am Klavier. Ihre Eltern wollen, dass ihre Tochter Lehrerin wird. Doch mit 17 Jahren verlässt Janis ihr biederes Zuhause und tingelt als Sängerin durch Bars in San Francisco, Austin und New York. Sie lebt in Los Angeles - trinkt, raucht Gras und lässt keine Party aus. 1965 kehrt sie nach Hause zurück und schreibt sich für ein Kunststudium ein. Doch sie wird nicht heimisch: Ihre Mitstudenten wählen sie zum "hässlichsten Mann der Uni" - weil sie statt Rock und Bluse Jeans und Männerhemden trägt. Nach einem Jahr zieht sie nach San Francisco ins Hippie-Viertel Ashbury Haight. "Southern Comfort" - ein süßer Whiskey-Likör - wird ihr ständiger Begleiter auf der Bühne. Der Hersteller sieht darin eine gute Werbung und zahlt ihr 6.000 Dollar Honorar. Joplin nimmt, was sie kriegen kann: Mehr Drogen, mehr Alkohol, Sex mit Männern und Frauen.
Mit dem Stück "Ball and Chain" gelingt der 24-Jährigen beim Monterey-Pop-Festival 1967 der Durchbruch. Doch mit dem Erfolg wächst auch die Einsamkeit. Joplin sucht Nähe und wird immer wieder enttäuscht: "Ich fühlte mich im Stich gelassen von den Menschen, die ich für meine Freunde gehalten hatte." Joplin betäubt ihren Schmerz: Die Drogen werden härter, ohne Alkohol geht nichts mehr. Ihr Devise lautet: "live fast, love hard, die young" - leb' schnell, lieb' intensiv, stirb' jung. Im Sommer 1970 nimmt die 27-Jährige ihre dritte und letzte LP auf. Noch bevor die Titel abgemischt sind, wird Janis Joplin am 4. Oktober 1970 tot in einem Hotelzimmer in Hollywood aufgefunden. Die Nadel mit der Überdosis Heroin noch im Arm. Kein Suizid, ein Unfall - stellen die Ärzte fest. Joplins Asche wird auf ihren Wunsch im Pazifik verstreut. "Freiheit bedeutet, dass du nichts mehr zu verlieren hast" - heißt es in ihrem Song " Me and Bobby McGee", geschrieben von Ex-Liebhaber Kris Kristofferson. Drei Monate nach Joplins Tod steht der Titel auf Platz eins der US-Charts.
Stand: 19.01.08