Sein Vater ist König Richard Heinrich II. von England, seine Mutter Eleonore von Aquitanien. Damit ist Richard bei seiner Geburt am 8. August 1157 ein reiches Erbe sicher. Um allerdings die englische Krone und die großen, von Südschottland bis zu den Pyrenäen verteilten Besitzungen der Familie zu beherrschen, muss er sich als dritter Sohn zunächst in der Verwandtschaft durchsetzen. Mit Hilfe seiner Mutter, dem eigenen skrupellosen Draufgängertum und einer Portion Glück gelingt ihm das. Seine älteren Brüder sterben, der eine am Fieber, der andere bei einem Reitunfall. Den eigenen Vater besiegt er in einer Fehde, als der bereits krank ist.
Richard taugt zur ritterlichen Idealgestalt: Er überragt mit 1,86 Metern Körpergröße die meisten Zeitgenossen, hat rötlich blondes Haar und den Mut, stets in den vorderen Schlachtreihen mitzukämpfen. Aber er spricht auch fließend Latein und komponiert selbst Lieder für seine Troubadoure. Später wird sein Bild in der Legende vervollständigt: Darin tötet er einen Löwen mit der Hand, verschlingt dessen noch warmes Herz und verdient sich so den Namen Richard Löwenherz. Außerdem macht ihn das Schwert Excalibur des sagenhaften Königs Artus unbesiegbar. Und dann wird er noch Freund des edlen Rebellen Robin Hood, der in Wirklichkeit - wenn es ihn überhaupt gab - erst nach Richards Tod seine Pfeile im Sherwood Forest verschoss.
Historisch gesehen ist Richard nicht einmal ein englischer Nationalheld. Denn den Ritter interessieren der Besitz seiner Familie, der noch keinen nationalen Grenzen folgt, und der persönliche Ruhm. Zehn Jahre ist er König von England, weilt aber nur 10 Monate davon im Land. 1189 bricht er zusammen mit dem französischen König Philipp II. und dem deutschen Kaiser Friedrich Barbarossa zum dritten Kreuzzug auf. Philipp kehrt bald zurück, Barbarossa ertrinkt unterwegs. So erobert Richard allein die Festung Akkon und lässt dort 3.000 gefangene Muslime hinrichten. Trotzdem schicken ihm Sultan Saladin und dessen Bruder zwei frische Pferde, als Richards Schlachtross in der Schlacht von Jaffa getötet wird. Jerusalem zurück zu erobern, gelingt Richard nicht.
Auf dem Rückweg entführt der österreichische König Leopold den englischen König kurzerhand und erpresst von dessen Mutter 150.000 Markt Lösegeld - das Doppelte des englischen Jahreshaushalts. Während Richard gefangen sitzt, bemächtigt sich sein jüngerer Bruder John des Throns. Aber Richard setzt ihn bei seiner Rückkehr 1194 wieder ab. Löwenherz sucht weiter den Ruhm außerhalb Englands. Im März 1199 belagert er die Festung Châluns bei Limoges. Abends reitet er nur mit Helm und Schild, aber ohne Rüstung, die Mauern ab - und wird von einem Armbrust-Pfeil tödlich getroffen. Seine Gebeine werden nicht etwa in seinem Königreich beerdigt, sondern neben seinen Eltern in der französischen Abtei Fontevrault.
Stand: 08.09.07