"Krupp in finanziellen Schwierigkeiten", "Banken stoppen Krupp-Kredite", "Das Ende der Essener Dynastie" - Anfang 1967 gerät das Stahlunternehmen negativ in die Schlagzeilen. Für das Exportgeschäft mit industriellen Großanlagen sind hohe finanzielle Vorleistungen nötig. Dazu ist Krupp nicht mehr im Stande. Für die Gläubigerbanken ist der Familienbetrieb mit einem Allein-Inhaber an der Spitze nicht mehr zeitgemäß. Nun bietet sich ihnen die Chance, eine Veränderung zu erzwingen. Im März 1967 erhält der Konzern rettende Bundes- und Landesbürgschaften über 450 Millionen Mark. Die Banken geben daraufhin die Kredite frei. Im Gegenzug muss Firmenchef Alfried Krupp von Bohlen und Halbach einer Änderung der Rechtsform zustimmen. Die Personengesellschaft wird in eine GmbH umgewandelt, deren Allein-Gesellschafter eine neu gegründete Stiftung ist.
Geboren wird Alfried Krupp am 13. August 1907 in Essen. Sein Vater ist Gustav von Bohlen und Halbach, seine Mutter Bertha Krupp. Kälte, Distanz und Disziplin prägen die Erziehung des jungen Alfried. Seine Nichte und Biografin Diana Maria Friz schreibt, dass er "ein sehr introvertierter Mensch war und nur in einem ganz begrenzten Maße enge menschliche Bindungen zu anderen benötigte oder auch nur dazu fähig war." Nach Ingenieurstudium und Banklehre tritt Alfried Krupp 1936 in die Firma ein. Zwei Jahre später wird er Leiter der Rüstungsabteilung und Mitglied der NSDAP. Krupps geschäftlicher Ansprechpartner ist Rüstungsminister Albert Speer. Adolf Hitler persönlich verfügt per Gesetz, dass Alfried Krupp 1943 Allein-Eigentümer des Konzerns wird. Nach dem Zweiten Weltkrieg muss er dafür Rechenschaft ablegen: Während sein Vater Gustav verhandlungsunfähig ist, sitzt Alfried nach 17 Monaten Untersuchungshaft im Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozess auf der Anklagebank.
1948 wird Alfried Krupp zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Bestraft wird er wegen "Plünderung" und "Sklaverei". Damit ist die Beschäftigung tausender Zwangsarbeiter - darunter auch KZ-Häftlinge - gemeint. Bereits drei Jahre später wird Krupp im Zug einer Amnestie der Alliierten vorzeitig aus dem Gefängnis in Landsberg entlassen und erhält sein beschlagnahmtes Vermögen zurück. Das Unternehmen Krupp sucht neue Geschäftsfelder: statt Kriegswaffen werden nun Industrieanlagen exportiert. Treibende Kraft dabei ist der neue Generalbevollmächtigte Berthold Beitz. Krupp zieht sich aus der aktiven Firmenleitung zurück und fotografiert statt dessen, segelt auf der Ostsee und baut Bewässerungsanlagen auf seiner Farm in Argentinien. Beitz spielt auch 1967 bei der Rettungsaktion der Firma eine wichtige Rolle: Er überredet Alfrieds einzigen Sohn Arndt, auf sein Erbe zu verzichten - gegen eine Abfindung von zwei Millionen Mark pro Jahr. Alfried Krupp ist zu diesem Zeitpunkt bereits schwer krank: Der starke Raucher stirbt am 30. Juli 1967 an Lungenkrebs.
Stand: 13.08.07