Der Plan trifft die deutsche Wirtschaft wie ein Schlag. Im März 1997 wird durch eine Indiskretion bekannt, dass der Essener Industriekonzern Krupp-Hoesch die doppelt so große und wirtschaftlich weitaus stärkere Thyssen AG in seiner direkten Nachbarschaft schlucken will. Eine derartige "feindliche Übernahme" hat es in Deutschland noch nie gegeben.
Hinter der Entscheidung steht der Wunsch der Krupp AG Hoesch-Krupp, ihrem angeschlagenen Stahlsektor wieder auf die Beine zu helfen. Die Thyssen-Belegschaft aber will dieses Problem nicht auf ihrem Rücken austragen lassen. Sie sieht ihre Arbeitsplätze in Gefahr und geht auf die Straße. "Dieser Deal war zu viel" steht auf einem der Plakate. "Es geht hier nicht um die Parkstraße", sagt einer der Demonstranten einem Reporter. "Es geht hier nicht um die Schlossallee. Es geht um unseren Arsch!"
Die feindliche Übernahme kommt nicht zustande: Die Landesregierung von NRW verhindert den Coup. Aber Gerhard Cromme, Vorstandsvorsitzender der Krupp AG Hoesch-Krupp, hat sein Minimalziel erreicht: Eine öffentliche Diskussion kommt in Gang, die in Gespräche über eine gemeinsame Zukunft übergeht. 19 streng paritätisch besetzte Arbeitsteams treiben den Zusammenschluss voran. Am Ende einigt man sich friedlich - so wie es sich die Regierung in Düsseldorf wünscht.
Am 4. November 1997 geben Thyssen und Krupp ihre Fusion bekannt. Betriebsräte und Gewerkschaften verhindern betriebsbedingte Kündigungen. Trotzdem werden Stellen abgebaut - außer in den Führungsetagen: Der neue Konzern, der 1999 als Thyssen-Krupp AG Eingang ins Handelsregister findet, wird fortan von einer Doppelspitze geleitet.
Stand: 04.11.07