Die Lösung seines Problems findet Alfred Nobel nicht in seinem Heimatland Schweden, sondern in der norddeutschen Provinz. In Krümmel bei Hamburg baut der Chemiker 1865 die erste Niederlassung seiner kurz zuvor gegründeten Nitroglycerin-Aktiengesellschaft. Das erschütterungsempfindliche Nitroglycerin ist hochexplosiv. Im Jahr zuvor ist die Nitroglycerin-Fabrik seines Vaters in Schweden in die Luft geflogen. Unter den Opfern war auch Alfreds jüngerer Bruder Emil. Nobel lässt sich dadurch nicht aufhalten: Aus Sicherheitsgründen experimentiert er auf einem Kahn auf der Elbe. Durch Beimischung von Sand entdeckt er, dass Kieselgur, ein Pulver aus urzeitlichen Algen, das Nitroglycerin aufsaugt und zu einer sicher zu handhabenden Sprengstoffmasse macht. Das Dynamit, benannt nach dem griechischen Wort "dynamis" für Kraft, ist erfunden.
Die Sprengkraft des in Pappröhren abgefüllten Pulvers ist zwar nicht mehr so groß wie die von reinem Nitroglycerin, aber immer noch fünf Mal so effektiv wie Schwarzpulver. Am 19. September 1867 wird Alfred Nobel das Patent für Dynamit erteilt. Der Sprengstoff wird ein weltweiter Erfolg. In der Schweiz wird er beim Bau des Gotthard-Tunnels eingesetzt. Nobel wird Großindustrieller und kann sein Laboratorium nur noch selten aufsuchen. Dennoch bringt er es auf insgesamt 355 Patente. Dazu gehören eine automatische Lokomotivbremse und eine explosionssicherer Dampfkessel.
Privat ist Nobel weniger erfolgreich. Die österreichische Pazifistin Bertha von Suttner, die er mit 43 Jahren kennen lernt, interessiert ihn. Doch bleibt es, da sie vergeben ist, beim Briefverkehr. Stattdessen hält sich Nobel die Wiener Blumenverkäuferin Sofie Hess viele Jahre als Geliebte - obwohl sie ihn ausnimmt und andere Männer hat. Seiner Schwägerin gesteht er in einem Brief, ohne Familie und Freunde sei er "umherirrend, kompass- und steuerlos wie ein zweckloses vom Schicksal gebrochenes Lebenswrack". Er beschreibt sich als Mischung aus "Misanthrop" und "grenzenlosem Idealisten". Diese Selbstcharakterisierung spiegelt sich in seinem Engagement für den Frieden wider, den der Waffenhändler und Raketenkonstrukteur durch ein internationales Wettrüsten erreichen will. An Bertha von Suttner schreibt er: "Meine Fabriken werden vielleicht dem Krieg noch früher ein Ende machen als Ihre Kongresse." Schriftsteller wie Émile Zola und Jules Verne schreiben daraufhin Romane über durchgeknallte Sprengstoffchemiker. Nach seinem Tod 1896 überrascht Alfred Nobels Testament: Der kinderlose Erfinder stiftet fünf Preise für Spitzenleistungen in Chemie, Physik, Medizin, Literatur und Friedensarbeit.
Stand: 19.09.07