Stichtag

12. September 1921: Stanislaw Lem geboren

Krakau: Weltkulturerbe auf der Liste der UNESCO, 6.413 denkmalgeschützte Gebäude aus fast 1.000 Jahren. In der Altstadt weht der Atem der Geschichte. Etwas außerhalb, in einem Allerweltshaus, wohnt inmitten eines Rudels Rauhaardackel ein Mann, der nach den Sternen greift: der weltberühmte Science-Fiction-Autor, Futurologe und Gründer der polnischen Astronautischen Gesellschaft Stanislaw Lem. Zwei Meter hoch und fünf Meter breit ist die Bücherwand hinter seinem Schreibtisch, die angefüllt ist mit seinen eigenen Werken: Originalausgaben und Übersetzungen seiner Romane, Kurzgeschichten und Essays. Sie handeln von den Möglichkeiten und Gefahren zukünftiger Technik. Roboter spielen darin eine große Rolle, auch wenn Lem ihnen gegenüber Zeit seines Lebens skeptisch bleibt. Nie würde er seine Dackel gegen japanische Computerhunde tauschen. "Wenn man sich mit den Hunden ein bisschen vertraut gemacht hat, weiß man, dass sie sehr unterschiedliche Charaktere sind", sagt Lem. "Keine Spur davon in der Elektronik. Also, seien Sie vorsichtig mit diesen Japanern."Stanislaw Lem wird am 12. September 1921 als Sohn einer jüdischen Arztfamilie im damals polnischen Lemberg geboren. Mit einem Intelligenzquotienten von 180 gilt er schon bald als klügstes Kind des Landes. 1941 schreibt er sich für Medizin ein; nebenbei studiert er Physik, Biologie, Kosmologie und Philosophie. 1948 wird er in Krakau Forschungsassistent für angewandte Psychologie. Nebenbei erfindet Lem phantastische Geschichten wie "Der Planet des Todes" (1951) oder "Die Sterntagebücher des Weltraumfahrers Iljon Tichy", die wissenschaftliche Fakten mit philosophisch-moralischen Problemen verknüpfen und schon bald zu Klassikern der Science-Fiction-Literatur gehören. Sein Welterfolgsroman "Solaris" (1961), der die Suche einer Forschergruppe nach außerirdischem Leben mit Fragen nach der menschlichen Existenz und den Grenzen des Bewusstseins verbindet, wird 1972 von Andrei Tarkowski und 2002 von Steven Soderbergh verfilmt.

Als Anfang der achtziger Jahre das Kriegsrecht über Polen verhängt wird, verlässt Lem seine Heimat, um in Berlin und Wien zu leben. Erst 1988 kehrt er zurück. Danach entstehen nur noch wenige Kurzgeschichten. Ein skeptischer Warner vor den vermeintlichen Errungenschaften der Technik und vor allzu viel Fortschrittsoptimismus bleibt er weiterhin. Stanislaw Lem stirbt 2006 im Alter von 84 Jahren in Krakau.

Stand: 12.09.06