Stichtag

16. Oktober 2006 - Vor 120 Jahren: David Ben Gurion wird geboren

Die kleine Kreisstadt Plonsk gehört Ende des 19. Jahrhunderts zum russisch-polnischen Gouvernement Plozk. Hier wird am 16. Oktober 1886 David Grün geboren, der später den hebräischen Namen Ben Gurion ("Sohn des Löwen") annimmt. Sein Vater ist Jurist, der aufgrund russischer Pogrome im Zarenreich Anhänger der Ideen von Theodor Herzl wird. Herzl gilt als geistiger Vater der Zionismus-Bewegung, die sich für die Entstehung eines eigenen jüdischen Staates einsetzt. 1906 wandert Familie Grün nach Palästina aus, das damals als Teil des Osmanischen Reichs noch unter türkischer Herrschaft steht. Der 20-jährige David hat ein großes Ziel: ein neues Israel. Er arbeitet zunächst in Palästina und studiert dann in Istanbul. Im Ersten Weltkrieg wird er ausgewiesen und lernt in den USA seine Frau Paula kennen.

Nach dem Ersten Weltkrieg übernehmen die Briten Palästina für 30 Jahre als Mandatsgebiet. Ben Gurion kehrt zurück und wird Gewerkschaftsführer. 1930 ist er Mitbegründer der sozialistischen Arbeiterpartei. Die Engländer brechen ihr Versprechen, eine eigene Heimstatt für Juden in Palästina zu schaffen. Sie begrenzen die jüdische Einwanderung. Trotzdem schickt Ben Gurion im Zweiten Weltkrieg den Briten jüdische Einheiten für den Kampf gegen Hitler. Nach Kriegsende wollen zehntausende Juden in Palästina einreisen. Sie werden aber häufig wieder zurückgeschickt. Ben Gurion sucht sich neue Verbündete. Als Präsident der zionistischen Weltorganisation gewinnt er die USA und zeitweise auch die Sowjetunion als Fürsprecher. Die UNO beschließt die Teilung Palästinas.

Geheimabkommen mit Adenauer

Als die Briten am 14. Mai 1948 abziehen, verliest Ben Gurion in Tel Aviv die Staatsproklamation Israels. Er wird Ministerpräsident und Verteidigungsminister. Sofort greifen sechs arabische Armeen den Nachbarstaat an. Ben Gurions Truppen siegen mit Hilfe der zuvor weltweit gekauften Waffen. Die Israelis bauen das Land planmäßig auf, doch der junge Staat steht bald vor dem wirtschaftlichen Kollaps - vor allem wegen der Aufnahme von hunderttausenden Flüchtlingen aus Europa. Da bietet Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) Hilfe an. Israel bekommt Waren im Wert von drei Milliarden Mark. Hinzu kommen Geheimabkommen: Die Bundesrepublik rüstet die israelische Armee auf. Die wiederum bezahlt mit Maschinenpistolen und Uniformen, die von jüdischen Frauen genäht werden - wie damals im KZ. Ben Gurion nimmt das hin. Er ist Pragmatiker, wie der Journalist Uri Avnery betont: "Was heute gut ist für den Staat Israel, ist wichtiger als das, was im Holocaust passiert ist."

Ben Gurion ist mit Unterbrechungen insgesamt 13 Jahre lang im Amt. 1956 führt er mit britischer und französischer Unterstützung einen Präventivkrieg gegen seinen neuen Hauptfeind, den Ägypter Gamal Abdel Nasser. Militärisch ist der Krieg ein Erfolg, doch diesmal verliert Ben Gurion politisch. Die Supermächte zwingen ihn zum Rückzug vom Sinai und aus dem Gaza-Streifen. 1960 kann Ben Gurion noch einmal weltweit Furore machen: Adolf Eichmann, der Organisator des Holocaust, wird vom israelischen Geheimdienst Mossad in Argentinien entführt, in Jerusalem vor Gericht gestellt, zum Tod verurteilt und hingerichtet. Doch Ben Gurion entwickelt sich mehr und mehr zum mürrischen Alten. Er verlässt die Arbeiterpartei und zieht sich in einen Kibbuz in der Wüste Negev zurück. Er stirbt am 1. Dezember 1973 mit 87 Jahren in Tel Aviv.

Stand: 16.10.06