2. Juli 1977 - Showdown im Studio B des WDR in Köln. Gerade hat Moderator Reinhard Münchenhagen in der Sendung "Je später der Abend ..." eine gemütliche Plauderei mit dem ehemaligen DDR-Schauspieler Manfred Krug beendet. Nun soll ein Mann interviewt werden, von dem man "in Deutschland schon länger nichts mehr gehört hat", so die Anmoderation. Talkmaster Münchenhagen versucht über eine halbe Stunde, Antworten von Schauspieler Klaus Kinski zu bekommen - vergeblich. Kinskis Exzess aus wirrem Gefasel und Beleidigungen machen Fernsehgeschichte. Dieser Auftritt ist typisch für Kinskis Leben: Egomanisch zieht er das Interesse anderer auf sich und sorgt für Eklats.
Klaus Kinski wird am 18. Oktober 1926 unter dem Namen Nikolaus Günther Nakszynski im ostpreußischen Zoppot in der Nähe von Danzig geboren. 1931 zieht die Familie nach Berlin um. Während des Zweiten Weltkrieges nimmt er an einem HJ-Wehrertüchtigungslager in den Niederlanden teil und gerät in britische Kriegsgefangenschaft. Ohne eine Ausbildung als Schauspieler zu haben, bekommt Kinski nach seiner Rückkehr Engagements an mehreren Bühnen. 1948 beginnt sein Karriere als Filmschauspieler: In "Morituri" verkörpert er einen holländischen KZ-Häftling und begeistert den Produzenten Artur Brauner: "Er war völlig identifiziert mit der Figur." Anfang der 60er Jahre wird Kinski populär. Er gehört zur Stammbesetzung der Edgar-Wallace-Krimis. Meist verkörpert er undurchsichtige Typen, Psychopathen und Ganoven. Mit den in Deutschland gedrehten Filmen ist Kinski nicht zufrieden: "Ich bin angewidert von den meisten Rollen, die ich gespielt habe." Deshalb geht Kinski nach Rom, wo er ein ausschweifendes Leben führt. "In einer dicken Altertumsvilla hat er täglich das Büffet immer wieder auffüllen lassen mit Kaviar, Drogen und den exklusivsten Sachen, wo sich die Leute bedienen konnten", erinnert sich Kai Jordens, Gründer des ehemaligen Kinski-Clubs. "Kinski hat die Autos gewechselt, wenn der Aschenbecher voll war."
Um diese Luxusleben finanzieren zu können, interessiert Kinski sich nur noch für die Gagen, nicht mehr für die Qualität der Filme, bei denen er mitspielt. Bei den Dreharbeiten führt er sich oft wie Rumpelstilzchen auf. "Es war eine Art Anti-Kinski-Stimmung", erzählt Mario Adorf, der damals ebenfalls in Rom lebt. "Das kann man sich gar nicht vorstellen, dass ein Mann so viel Hass auf sich lenken kann." Die italienischen Produzenten setzen Kinski auf die schwarze Liste. Er geht nach Paris, wo er sich aber genauso wenig durchsetzen kann wie später in den USA. Zum finanziellen Rettungsanker für Kinski wird der junge deutsche Regisseur Werner Herzog. Er realisiert fünf Filme mit dem unbeherrschten Exzentriker. Schon bei ihrer ersten Zusammenarbeit droht Herzog, Kinski zu erschießen und dann sich selbst. Später sagt Herzog: "Ich glaube, dass man nicht mehr mit ihm arbeiten kann. Er ist schon über die Kante gekippt." Klaus Kinski stirbt am 23. November 1991 im Alter von 65 Jahren in der Nähe von San Francisco an Herzversagen.
Stand: 18.10.06