Am Eingang ist von Erotik nichts zu spüren – außer für jene wenigen vielleicht, die einer Tür mit grellem Licht und Sicherheitsschleuse Erregendes abgewinnen können. Und doch stehen am 19. Januar 1996 Ratsuchende, Neugierige und Wissensdurstige in Sachen Sexualität Schlange genau vor einer solchen Tür, mitten in Berlin, unweit des Bahnhof Zoo. Zutritt erst ab 18 Jahren. Hinter der Tür verbirgt sich ein Ort, der geheime Sinnesfreuden und voyeuristische Gelüste verspricht: Das Berliner Erotik-Museum.Aber was ist überhaupt Erotik? Das Berliner Museum fasst den Begriff in seinen über 2.000 Exponaten aus zwei Jahrtausenden denkbar weit. Zwischen afrikanischen Skulpturen und Schnitzereien aus Mammutzähnen, naiver Kunst mit entblößten Brüsten, akrobatischen Kamasutra-Positionen und einem Riesenphallus aus Kunstharz steht eine Wachsfigur von Marilyn Monroe, deren weißes Kleid über einem Belüftungsschacht wie in der berühmten Filmszene in "Das verflixte 7. Jahr" nach oben weht. Im Nebenzimmer ist eine Szene aus dem Leben des Berliner Milieu-Malers Heinrich Zille nachgestellt: Zille zeichnet, wie seine Frau mit hochgerutschtem Rock und entblößtem Hinterteil, den Ofen reinigend, am Boden kriecht. Erotik, will die Szene vielleicht sagen, findet man gar nicht im Museum. Erotik spielt sich ausschließlich zu Hause, und da vor allem im Kopf des Betrachters ab.
Zu den Exponaten des Erotikmuseums gehört auch ein keusches Foto, dass die Sex-Shop-Gründerin Beate Uhse beim Golfspiel in ihrer Wohnung zeigt. Das hat einen guten Grund. Denn das Museum wird von der Beate-Uhse-AG betrieben, in deren Läden sich der, der im Museum Lust gewann, für daheim versorgen kann. "Man holt sich ja immer gerne Anregungen", weiß Frank Nensa von Beate Uhse. "Deshalb besuchen die Menschen auch mal ein Museum, um sich das anzuschauen."
Stand: 19.01.06