"Masochismus ist der Wunsch, einer Person des anderen Geschlechts vollkommen und unbedingt unterworfen zu sein, von dieser Person herrisch behandelt, gedemütigt und selbst misshandelt zu werden", schreibt der Wiener Psychiater Richard von Krafft-Ebing 1893 in seiner Studie "Psychopathia Sexualis". Unfreiwilliger Namensgeber dieser "Perversion" ist der damals noch lebende Schriftsteller Leopold von Sacher-Masoch. Er ist jedoch überzeugt, dass die Bezeichnung "Masochismus" - ganz im Gegensatz zu seinem literarischen Werk - bald vergessen sein wird.Leopold von Sacher-Masoch wird am 27. Januar 1836 in Lemberg in Galizien geboren, wo sein Vater, Leopold Sacher, Polizeichef ist. Er hat Caroline Edle von Masoch geheiratet, deren Namen er an den seinen fügt. Der kleine Leopold wird im großbürgerlichen Haushalt von Gouvernanten und Dienstboten umsorgt. Später zieht die Familie nach Prag und von dort nach Graz. Dort schließt Sacher-Masoch 1856 sein Studium der Geschichte und Philosophie mit der Promotion ab. Im selben Jahr habilitiert er sich in Geschichte und wird bereits mit 20 Jahren Privatdozent.
"Die Venus im Pelz" - Vorlage und Realität
Nach wenigen Jahren Lehrtätigkeit wird Sacher-Masoch freier Schriftsteller. Zwischen 1860 und 1895 verfasst er etwa 80 Romane, über 100 Novellen und Aufsätze sowie acht Dramen. Werke, die fast alle in Vergessenheit geraten - bis auf "Die Venus im Pelz". In dieser Novelle verliebt sich der junge Adlige Severin in die Witwe Wanda. Diese erklärt sich zu einer Affäre bereit, wenn Severin ihr in allem gehorsam sein will. Ein Vertrag wird geschlossen. Severin liefert sich Wanda völlig aus und wird immer brutaleren Demütigungen unterworfen.
Vorlage und Realität sind nicht weit voneinander entfernt. Sowohl mit seiner Geliebten und als auch mit seiner ersten Ehefrau schließt Sacher-Masoch einen Vertrag. Festgelegt wird, dass die Frau alles tut, um ihn zu unterwerfen - inklusive Peitsche. Zugleich verpflichtet sie sich, so oft als möglich Pelz zu tragen. Anders als im Roman sichert sich Sacher-Masoch aber noch einen Freiraum: Festgelegt werden sechs Stunden pro Tag ohne Demütigung. Nach einem öffentlichen Scheidungskrieg und finanziellem Ruin wird es still um Sacher-Masoch. Er zieht mit seiner zweiten Ehefrau nach Lindheim bei Frankfurt am Main, wo er am 9. März 1895 stirbt. In seinen biographischen Schriften führt er seine Lust am Leiden auf ein Erlebnis in seiner Kindheit zurück: Als Neunjähriger versteckt er sich im Schrank seiner Tante und beobachtet sie beim Seitensprung. Die Tante entdeckt den kleinen Spanner, wird wütend und züchtigt ihn.
Stand: 09.03.05