"Der Zug jagte dahin in einem zornigen, unregelmäßigen Rhythmus." Der erste Satz eines Buches ist seine Visitenkarte. Patricia Highsmith bevorzugt kurze, prägnante Einstiege - so auch bei "Zwei Fremde im Zug", ihrem ersten veröffentlichten Roman. Damit wird aus der Comiczeichnerin und Kurzgeschichten-Schreiberin 1950 eine bekannte Autorin. Zehn Tage nach Erscheinen ihres Romandebüts erwirbt Alfred Hitchcock die Filmrechte - obwohl sein Drehbuch-Autor an der Glaubwürdigkeit der Handlung zweifelt, genauso wie die sechs Verleger, die das Manuskript von Patricia Highsmith zunächst abgelehnt haben. Der Handlung liegt die Idee für ein perfektes Verbrechen zugrunde: Zwei Fremde, die sich zufällig in einem Zug treffen, begehen einen Mord füreinander.Graham Greene nennt sie die "Dichterin der unbestimmbaren Beklemmung". Patricia Highsmith wird am 21. Januar 1921 in Fort Worth in Texas geboren. Ihre Eltern werden fünf Monate vor ihrer Geburt geschieden. "Meine Mutter heiratete Highsmith, als ich drei Jahre alt war und versäumte, meine Geburtsurkunde zu korrigieren. Mein richtiger Name ist Plangman." Ihr Stiefvater muss sie später adoptieren, um alles zu legalisieren. Ihre Kindheit beschreibt Patricia Highsmith als liebloses Aufwachsen in einer Atmosphäre voller Streit und Unruhe. Mit acht Jahren entdeckt sie in Karl Menningers psychiatrischer Studie "The Human Mind" die Abgründe der menschlichen Seele und damit eines ihrer späteren Themen. Im College gibt sie eine Zeitschrift heraus und druckt darin eigene Erzählungen mit Zeichnungen von ihr.
Sympathie für die Täter, literarische Diskussion von Schuld und Moral wird das Markenzeichen von Patricia Highsmith. In fünf Romanen tritt die Figur "Tom Ripley" auf - ein sympathischer Mörder, der nicht gefasst wird. 1963 geht die Krimi-Autorin nach Europa. Sie lebt in Großbritannien, Frankreich und lässt sich schließlich in der Schweiz nieder, in einem speziell nach ihren Vorstellungen erbauten Haus. Das bunkerähnliche Gebäude, das sich nur zum Garten hin öffnet, vergleicht ihr Architekt mit der Persönlichkeit der Schriftstellerin. Patricia Highsmith empfindet zuviel Nähe in Beziehungen als beengend und teilt Gefühle oft lieber mit ihren Katzen und Büchern. Sieben Jahre lebt sie noch in ihrem Domizil im Tessin, bevor sie am 4. Februar 1995 an Krebs stirbt. Erst im Nachhinein klärt sie die Öffentlichkeit per Nachlass über ihre Liebe zu Frauen auf. Einen literarischen Hinweis hat sie aber bereits mit ihrem letzten Buch gegeben: "Small g - eine Sommeridylle" spielt in der homosexuellen Szene von Zürich.
Stand: 04.02.05