17. November 1993 - UN-Tribunal für Verbrechen der Jugoslawienkriege

Stand: 17.11.2018, 00:00 Uhr

Massenvergewaltigungen, Massenerschießungen, "ethnische Säuberungen" - strategische Gräueltaten kennzeichnen die Kriege nach dem Zerfall Jugoslawiens Anfang der 1990er-Jahre. Politiker wie der Serbe Slobodan Milošević und der Kroate Franjo Tudjman schüren Hass.

Erstmals beschließt der UN-Sicherheitsrat ein Kriegsverbrecher-Tribunal. "Zum ersten Mal in der Geschichte richten nicht die Sieger über die Besiegten", sagt Juli Woronzow, der russische Präsident des Sicherheitsrates. Stattdessen urteile die gesamte internationale Gemeinschaft.

UN-Kriegsverbrecher-Tribunal nimmt Arbeit auf (am 17.11.1993) WDR 2 Stichtag 17.11.2018 04:16 Min. Verfügbar bis 14.11.2028 WDR 2

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Erinnerung an Nürnberger Prozesse

Nach dem Ende des Kalten Krieges herrscht seltene internationale Einigkeit. Treibende Kraft sind die USA mit ihrer Vertreterin im UN-Sicherheitsrat und späteren Außenministerin Madeleine Albright. Sie beruft sich ausdrücklich auf die Nürnberger Prozesse.

Als das UN-Kriegsverbrecher-Tribunal am 17. November 1993 in einem alten Versicherungsgebäude in Den Haag seine Arbeit aufnimmt, hat es einen schwierigen Start. Lange weigern sich Serbien und Kroatien, Angeklagte festzunehmen.

Srebrenica als Völkermord benannt

Erst nach dem Ende der Balkankriege werden die Hauptverdächtigen ausgeliefert - 2002 auch der frühere serbische Präsident Milošević.

Das Jugoslawien-Tribunal schreibt Rechtsgeschichte: Es bewertet das Massaker von Srebrenica als Völkermord. Dort hatten serbische Milizen mehr als 8.000 bosnisch-muslimische Gefangene erschossen. Erstmals werden Massenvergewaltigungen als Kriegsverbrechen benannt.

Mutmaßliche Haupttäter freigesprochen

Ende 2017 beendet das Tribunal seine Arbeit. Die Bilanz: Alle 161 Angeklagten müssen sich in Den Haag verantworten, 84 von ihnen werden verurteilt. Darunter sind auch die Hauptverantwortlichen für Srebrenica, Radovan Karadžić und Ratko Mladić.

Allerdings: Mutmaßliche kroatische und kosovo-albanische Haupttäter werden aus Mangel an Beweisen freigesprochen.

Das Jugoslawien-Tribunal wird Vorbild für den ständigen Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, der 1998 gegründet und fünf Jahre später eröffnet wird.

Internationale Gerichtsbarkeit umstritten

Mit der weltweiten Einigkeit ist es inzwischen jedoch vorbei. Staaten wie die USA und Russland haben sich der internationalen Gerichtsbarkeit bislang nicht unterworfen. Vor allem Russland verhindert, dass Kriegsverbrechen in Syrien angeklagt werden. Die USA haben ein Gesetz erlassen, eigene Staatsbürger militärisch zu befreien, falls sie in Den Haag vor Gericht stehen.

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