Schätzungsweise zwei Milliarden Menschen singen an Heiligabend "Stille Nacht, heilige Nacht" - weltweit in etwa 350 Sprachen und Dialekten. Einem zeitgenössischen Dokument zufolge überreicht "der damalige Hülfspriester Herr Joseph Mohr" aus Oberndorf bei Salzburg dem Organisten Franz Xaver Gruber am 24. Dezember des Jahres 1818 ein von ihm zwei Jahre zuvor geschriebenes Gedicht "mit dem Ansuchen, eine hierauf passende Melodie für zwei Solo-Stimmen samt Chor und für eine Gitarren-Begleitung" zu schreiben.
Aber es gibt auch eine Legende, die von einer defekten Orgel berichtet. So hätten Hilfspriester und Organist für ihre Messe ein neues Lied mit Gitarrenbegleitung komponieren müssen. Hierfür fehlen allerdings Belege. Ungeklärt ist auch, warum Mohr dem Organisten sein zwei Jahre altes Gedicht erst an Heiligabend vorbeigebracht haben soll und Gruber so in extreme Zeitnot brachte. Wie auch immer - zu Heiligabend erklingt "Stille Nacht, Heilige Nacht" in der Kirche St. Nicola im österreichischen Oberndorf zum ersten Mal.
Gitarrespielender Hilfspriester
Hilfspfarrer Joseph Franz Mohr wird 1792 als uneheliches Kind in Salzburg geboren. Früh verlässt sein Vater die Familie. Ein Salzburger Domvikar fördert den aufgeweckten Jungen, finanziert das Gymnasium und später das Theologiestudium. Für seine Priesterweihe 1815 braucht Mohr wegen seiner unverheirateten Eltern eine päpstliche Sondererlaubnis.
Im September 1817 übernimmt Mohr besagte Stelle als Hilfspriester in Oberndorf und eckt rasch an. "Es schickt sich nicht zu geistlicher Art, burschenmäßig mit der langen Tabakspfeife über die Gasse zu gehen", beschwert sich ein Vorgesetzter. Ebenfalls anstößig ist, dass Mohr im Wirtshaus Gitarre spielt - "und nicht nur erbauliche Lieder". Mohr hat aber auch Freunde. Organist und Dorfschullehrer Franz Xaver Gruber gehört dazu. Der Weberssohn heiratet mit 20 die 33 Jahre alte Witwe seines Vorgängers - und kommt so in den Besitz einer Wohnung.
Vom Salzburger Land in die Welt
In den 1820er Jahren wird "Stille Nacht, Heilige Nacht" von Tiroler Sängern aus dem Zillertal entdeckt und von ihnen in die Welt hinaus getragen: Sie nehmen es mit auf ihre Tourneen durch Europa, Russland und die USA. Mohr stirbt 1848, deshalb erreicht ihn 1854 eine Anfrage von Friedrich Wilhelm IV. nach dem Ursprung des Liedes nicht mehr. Gruber hingegen hat noch Gelegenheit, dem Preußenkönig das Original der Komposition zu schenken. Er stirbt 1863 in Hallein.
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