22. Mai 2002 - Josef Ackermann wird Chef der Deutschen Bank

Stand: 22.05.2017, 00:00 Uhr

Eigentlich hat Josef Ackermann im Januar 2004 keinen Grund zum Scherzen. Der Vorstandschef der Deutschen Bank muss sich vor dem Düsseldorfer Landgericht verantworten, weil er als Aufsichtsrat dem Mannesmann-Management bei der Übernahme durch Vodafone Millionenabfindungen gewährt hat. Als sich der Prozessbeginn im Saal 111 verzögert, hebt Ackermann ohne erkennbaren Grund seine zum V gespreizten Finger und grinst.

"Als Fotograf reagiert man dann erst einmal mechanisch, drückt drauf, lässt den Auslöser laufen", sagt Oliver Berg, der die Pose mit seiner Kamera festhält. Das Foto löst einen Sturm der Entrüstung aus, viele sehen in Ackermann fortan die personalisierte Arroganz der Wirtschaftsgrößen.

Erfolg wird vor Gericht gestellt?

Ein Bild, das er nicht mehr los wird | Bildquelle: ap

Zwar entschuldigt sich Ackermann für das Zeichen, aber im Prozess legt er nach: "Dies ist das einzige Land, in dem diejenigen, die Erfolg haben und Werte schaffen, deswegen vor Gericht gestellt werden." Der Schweizer versteht nicht, warum sich die Deutschen über die Millionen so aufregen.

Doch anders als die Investmentbanker in London und New York sind die Menschen hier solche Summen nicht gewohnt, empfinden das Verhalten der Manager als maßlos und gierig.

"Leistung wird belohnt"

Als Sohn eines Landarztes 1948 geboren, wächst Ackermann mit der Devise "Leistung wird belohnt" auf. Er studiert an der Elitehochschule St. Gallen und avanciert zum Starbanker. Zunächst in der Schweiz, dann bei der Deutschen Bank, wo er das Investmentbanking ausbaut.

Am 22. Mai 2002 wählt die Hauptversammlung Josef Ackermann als ersten Ausländer an die Spitze der Deutschen Bank. Er übernimmt ein ertragsschwaches, konservatives Bankhaus, das nach der gescheiterten Übernahme von der Dresdner Bank nach Orientierung sucht.

Turbo-Rendite von 25 Prozent

Dem wortgewandten und charismatischen Manager mangelt es weder an Ideen noch an Bescheidenheit: "Wir sind eigentlich für viele die Repräsentantin Deutschlands in der Welt." Er baut das Traditionshaus zu einem der führenden weltweiten Banken um und gibt das umstrittene Renditeziel von 25 Prozent aus. Tatsächlich kann der Banker 2005 einen Rekordgewinn verkünden, streicht gleichzeitig 6.000 Stellen. Damit bestätigt er für viele erneut das Bild des skrupellosen Turbo-Kapitalisten.

In der Finanzkrise 2009 handelt Ackermann als Vertreter seiner Zunft die Bankenrettung aus. Finanzminister Peer Steinbrück lobt Ackermann in dieser Zeit als "ruhig, kompetent und strategisch denkend". Später wird bekannt, dass Ackermann vor seinen Managern sagt, er würde sich schämen, wenn er wie die anderen Banken Staatsgelder annehmen müsste. Politiker und Branchenkollegen sind düpiert, Ackermann steht erneut am Pranger.

Ackermann forciert schlechtes Image der Banker

Auch diesen Fettnapf übersteht Ackermann und bleibt bis 2012 Vorstandschef. Dann verlässt er die Frankfurter Zwillingstürme nach einem langen Streit um seine Nachfolge. Vieles, was der Deutschen Bank heute zu schaffen macht, resultiert aus seiner Amtszeit: Gerichtsverfahren, Milliardenstrafen, hohe Kosten und eine desolate IT.

Geblieben ist auch das schlechte Image von Bankmanagern in weiten Teilen der Bevölkerung. Als im Herbst 2016 der Aktienkurs der Deutschen Bank in die Tiefe rauscht und diskutiert wird, ob das Geldhaus womöglich staatliche Hilfe benötigt, fällt da Urteil eindeutig aus. In einer Umfrage sprechen sich mehr als zwei Drittel der Deutschen gegen Staatshilfe für die Deutsche Bank aus.

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