20. August 2001 - Tod des Astronomen Fred Hoyle

Stand: 20.08.2016, 00:00 Uhr

Fred Hoyle geht gern ins Kino. Schon als Kind bringt er sich hier durch Untertitel das Lesen bei. Als Astronom hat er beim Horrorfilm "Traum ohne Ende" (1945), dessen Schluss wieder zum Anfang führt, gemeinsam mit seinen Kollegen Hermann Bondi und Thomas Gold eine unverschämte Idee, die die Vorstellung vom Urknall infrage stellt. "Vielleicht ist das Weltall wie dieser Film", lautet die Idee. "Vielleicht ändert sich das Universum nie!"

Gemeinsam entwickeln die Drei eine Theorie, derzufolge sich das Weltall nicht aus einem "Big Bang" entwickelt hat, sondern sich ausdehnt, weil sich durch Sternenexplosionen immer neue Galaxien bilden. Damit stößt das Trio der etablierten Wissenschaft vor den Kopf. Das Schlagwort vom "Big Bang", das Hoyle eher verächtlich prägt, übernimmt diese trotzdem.

Vom Atom zum Stern

Geboren wird Hoyle 1915 als Sohn eines Tuchhändlers im britischen Bingley bei Bradford. Als Kind rebelliert er gegen das Schulsystem, schafft es dank zahlreicher Stipendien aber 1933 bis ans renommierte Emmanuel College der Universität Cambridge. Er will Atomphysiker werden, studiert aber Mathematik, um das Handwerkszeug für große Theorien zu erhalten. Als er durch die Nachricht von der ersten Kernspaltung 1939 deren mörderisches Potenzial erkennt, wendet er sich lieber den Sternen zu. Schon sein erstes Papier über den Zusammenhang von Reaktionen im Innern des Atomkerns und Phänomenen im Zuge einer Supernova-Explosion ist ein großer Wurf.

Im Zweiten Weltkrieg entwickelt Hoyle als Soldat kriegswichtige Radartechnik. Dabei lernt er auch Gold und Bondi kennen. Fortan überschwemmt das Trio die Royal Astronomical Society mit teils unerhörten Ideen. 1949 präsentieren sie ihre "Steady-State-Theorie", die die Ausdehnung des Weltalls ohne die Annahme eines Urknalls erklären soll. Als Hoyle die Idee in einer Radioserie und einem Buch weiter popularisiert, kehrt ihm ein Gutteil des wissenschaftlichen Establishments den Rücken.

Das Niveau des Kohlenstoffs

Bei anderen zunächst abgelehnten Theorien von Hoyle ist das nicht so einfach. Wie der von einem speziellen Energieniveau des Kohlenstoffs, das die massenweise Erzeugung des Elements bei der so genannten Nukleosynthesen im Umfeld der Entwicklung eines Sterns erklärt. 1954 wurde der "Hoyle-Zustand" experimentell bestätigt: ein grandioser Triumph für Hoyles Verständnis des Universums. Ebenso wie seine Idee, dass die Sterne im Laufe ihrer Lebenszeit aus Wasserstoff und Helium alle anderen Elemente zusammenschweißen und ins Weltall schleudern – für viele Wissenschaftler eine der größten astronomischen Entdeckungen aller Zeiten.

1958 besetzt Hoyle den renommierten Lehrstuhl des Plumian Professor of Astronomy and Experimental Philosophy in Cambridge, 1967 gründet er sein weltberühmtes Institute of Theoretical Astronomy, 1972 wird er zum Ritter geschlagen. Jahrzehntelang dominiert er die Astronomie, "According to Hoyle" ("Nach Meinung Hoyles") wird zum geflügelten Wort. Dem akademischen Forschungsbetrieb bleibt der eigensinnige Astronom, der nicht nur populärwissenschaftliche Werke, sondern sogar Sciencefiction und Fantasy schreibt, trotzdem irgendwie ein Dorn im Auge. Tief verletzt und frustriert von Intrigen und Bürokratie zieht er sich Anfang der 70er Jahre in seine Heimat Yorkshire zurück. Von hier aus verblüfft und verärgert er das wissenschaftliche Establishment weiterhin.

1997 stürzt Hoyle bei einer Wanderung und wird erst zwölf Stunden später stark unterkühlt entdeckt. Fortan leidet er unter Gedächtnisstörungen. Am 20. August 2001 stirbt er nach mehreren Schlaganfällen in Bournemouth.

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