27. Februar 1995 - Zusammenbruch der Barings Bank

Stand: 27.02.2020, 00:00 Uhr

Als am 17. Januar 1995 ein Erdbeben die japanische Stadt Kobe verwüstet, brechen auch die Aktienkurse in Tokio ein. Börsenmakler Nick Leeson, der für die britische Barings Bank in Singapur arbeitet, ist überzeugt, dass es sich nur um ein kurzes Tief handelt, dann werde der Nikkei-Index schon wieder steigen. Der 27-Jährige wittert eine Chance, denn ihm steht das Wasser bis zum Hals. Leeson hat auf einem Geheimkonto enorme Verluste angehäuft – von denen in London keiner weiß.

In der Hoffnung auf einen erlösenden Gewinn wettet Leeson mit hohen Summen auf steigende Kurse, aber die Aktien geben weiter nach. "Tatsächlich hat er rund um das Kobe-Erdbeben an einzelnen Tagen 50 Millionen Pfund verloren", sagt Finanzwissenschaftler Professor Stefan Paul von der Uni Bochum. Die Verluste übersteigen das Eigenkapital von Barings.

Die Barings Bank bricht zusammen (am 27.02.1995) WDR 2 Stichtag 27.02.2020 04:13 Min. Verfügbar bis 24.02.2030 WDR 2

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Großmacht Barings Bank

Das einstige "Börsen-Wunderkind" Leeson weiß, dass es nun vorbei ist. "Es tut mir leid", notiert er in seinem Büro, dann flüchtet er. Allmählich erkennen auch die Banker in London das Ausmaß der versteckten Verluste. Die Leeson-Spekulationen stürzen das Traditionshaus in den Ruin. Am 27. Februar 1995 ist die Barings Bank zahlungsunfähig. Eine Traditions-Bank, über die im Jahr 1817 der französische Herzog Richelieu gesagt haben soll: "Es gibt sechs Großmächte in Europa: England, Frankreich, Preußen, Österreich, Russland – und Barings Brother."

Mit den Deregulierungen der britischen Thatcher-Regierung in den 1980er Jahren kann das Traditionshaus neue Geschäftsfelder erschließen. Man schickt den jungen und ambitionierten Nick Leeson nach Asien, wo er mit Terminmarktgeschäften zunächst beachtliche Gewinne einfährt. Das freut die Zentrale, die die Geschäfte lange nicht hinterfragt.

Betrug oder Kontroll-Versagen?

"Er ist sehr intelligent und hat ein großes Talent, Menschen zu manipulieren", sagt Peter Norris, 1995 der Geschäftsführer der Barings Investment Bank. Für den Chef von Nick Leeson ist einer der größten Finanzskandale die kriminelle Tat eines Einzelnen.

Leeson hält dagegen: "Barings beschäftigte viele Schwachköpfe vor allem im Controlling. Sie waren unfähig und durchschauten das Geschäft nicht." Der Börsenmaktler sieht sich auch als Opfer einer inkompetenten Bank, die jede Aufsicht unterlässt und seine illegalen Machenschaften billigend in Kauf nimmt.

Die Barings Bank ist nicht mehr zu retten, wird vom niederländischen Wettbewerber ING übernommen. Nick Leeson wird in Singapur zu einer Haftstrafe verurteilt. Heute lebt der dreifache Vater in Irland, arbeitet für eine Krebsstiftung und hält Vorträge.  

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