Stichtag

25. Juli 1405 - Ulmer Münster wird geweiht

Im Mittelalter steht die Ulmer Pfarrkirche außerhalb der Stadtmauern. Das hat für die Bürger zwei Nachteile. Zum einen ist der Kirchgang während der häufigen kriegerischen Auseinandersetzungen gefährlich. Zum anderen steht die Kirche auf einem Terrain, das dem Kloster Reichenau auf der gleichnamigen Bodensee-Insel gehört. Somit haben die Reichenauer Mönche ein Anrecht auf den Pfarrzehnten. Darum wollen die Bürger der freien Reichsstadt Ulm eine neue Kirche bauen - innerhalb der Stadtmauern.

Da Ulm durch den Handel mit dem sogenannten Barchent, eine Stoffmischung aus Leinen und Baumwolle, reich geworden ist, können die rund 8.000 Bürger den Bau selbst finanzieren. Kein Bischof, kein Kaiser, kein Fürst gibt Geld dazu. Nach dem Baubeschluss wird die alte Pfarrkirche abgetragen und deren Steine in die Stadt transportiert, um sie für den Neubau zu verwenden. Am 30. Juni 1377 wird der Grundstein gelegt. Geplant ist damals eine Hallenkirche mit drei gleich hohen Türmen, die Platz für 20.000 stehende Gottesdienstbesucher bieten soll.

Ursprünglich mit 51 Altären ausgestattet

Verschiedene international tätige Baumeister prägen den Stil der gotischen Kirche. Ab 1392 übernimmt die Leitung Ulrich von Ensingen, der auch am Straßburger Münster baut. Er hat die Vision, den höchsten Kirchturm der Welt zu errichten. Bis zu deren Umsetzung dauert es allerdings noch mehr als vier Jahrhunderte. Zunächst einmal wird am 25. Juli 1405 das Ulmer Münster geweiht. Fertig ist die Kirche zu diesem Zeitpunkt aber noch lange nicht. Ihr Dach ist lediglich ein Provisorium. Dank der Spenden der Bürger wird der Bau aber immer besser ausgestattet. 1488 notiert der weit gereiste Ulmer Dominikanermönch Felix Fabri, welche Vorzüge das Münster "vor allen Pfarrkirchen der ganzen Christenheit" habe. Mit 51 Altären besitze es mehr als alle anderen Gotteshäuser. Zudem herrsche an Festtagen im Münster "ein dichtes Gedränge", so nähmen an Ostern für gewöhnlich mehr als 15.000 Menschen das Abendmahl ein.

Im November 1530 bekennen sich die Ulmer in einem Bürgerentscheid zum Protestantismus. Da die Ausstattung der Kirche im Gegensatz zur neuen Lehre Martin Luthers steht, legt der Rat der Stadt den Spendern der vielen Privataltäre nahe, diese zu entfernen. Das Chorgestühl aus Eichenholz, das von 1469 bis 1474 gefertigt wurde, bleibt jedoch erhalten.

300 Jahre lang Baustopp

1543 erlässt der Rat der Stadt "zur Verhütung der Kosten" einen Baustopp. Die Bauarbeiten ruhen daraufhin für 300 Jahre. Offenbar sollte an der Schwelle zur Renaissance kein Geld mehr für ein gotisches Bauwerk ausgegeben werden. Erst der Nationalismus des 19. Jahrhunderts und die damit verbundene Begeisterung für das Mittelalter ist Anstoß, Bauwerke der Gotik zu vollenden. Dazu gehört allen voran der Kölner Dom. Ab 1843 wird auch in Ulm weitergebaut - anhand der mittelalterlichen Baupläne, nun im Stil der Neugotik.

In Köln werden die Türme des Domes 1880 fertiggestellt. Ihre Höhe von gut 157 Metern ist Weltrekord. Zehn Jahre später wird diese Marke von Deutschlands größter evangelischer Kirche geknackt: In Ulm hat Dombaumeister August von Beyer den ursprünglich mit 151 Metern Höhe geplante Turm um zehn Meter gestreckt. Am 31. Mai 1890 feiert das Ulmer Münster seine Vollendung - mit dem höchsten Kirchturm der Welt. Er misst 161,53 Meter.

Stand: 25.07.2015

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