Stichtag

12. Mai 2000 - Tate Gallery of Modern Art in London eröffnet

Die Londoner Tate Gallery, 1897 eröffnet und zur weltweit größten Sammlung britischer Kunst herangewachsen, platzt aus allen Nähten. Anfang der 1990er Jahre fällt die Nationalgalerie Großbritanniens die Entscheidung, ihrem riesigen Bestand moderner und zeitgenössischer Kunst ein eigenes Museum zu widmen.

Als Standort wählt man nach langer Suche einen monströsen ungenutzten Ziegelbau direkt an der Themse, sieben Stockwerke hoch und überragt von einem hohen Schornstein. Bis 1981 sorgte dort das Öl-Kraftwerk Bankside Power Station drei Jahrzehnte lang für Strom und noch dickere Luft über London.

Themen statt Epochen

Das Rennen um die Verwandlung der Kraftwerksruine zum Kunsttempel der Moderne macht das Architekturbüro Herzog & de Meuron. Die Elbphilharmonie, das Pekinger Olympiastadion und das Museum Küppersmühle in Duisburg zählen zu den beeindruckenden Arbeiten der Schweizer. Queen Elizabeth II. eröffnet am 12. Mai 2000 persönlich die Tate Gallery of Modern Art, kurz Tate Modern genannt. Der immense Publikumsandrang überrascht nicht nur die Museumsleitung. Statt erwarteter zwei Millionen Besucher strömen allein im ersten Jahr rund fünf Millionen Besucher in die weltgrößte Kunstsammlung der Moderne und Gegenwart.

Die Tate Modern wagt eine innovative Präsentationsform ihrer Werke. Statt chronologisch den kunstgeschichtlichen Epochen zu folgen, gliedert sich die Dauerausstellung in vier Themenbereiche. Seit einer Neugestaltung im Jahr 2006 steht die Sammlung unter den Überschriften "States of Flux" (Aufbruchstimmung), "Idea and Object" (Idee und Objekt), "Poetry and Dream" (Dichtung und Traum) und "Matter and Gestures" (Materie und Gesten). Regelmäßig bietet die ungewöhnliche Kulisse des Tate Modern Raum für spektakuläre Events und Sonderausstellungen, vor allem in der riesigen Turbinenhalle, mit 155 Meter Länge und 35 Meter Höhe das architektonische Herzstück des Industriedenkmals.

Krise bremst Kunst

Zum zehnjährigen Bestehen etwa breitet der chinesische Künstler Ai Weiwei auf dem Boden der Turbinenhalle ein Meer aus Millionen Sonnenblumenkernen aus. Das Staunen der Besucher wird noch ungläubiger, wenn sie die "Sunflower Seeds" genauer prüfen: Jeder einzelne Same entpuppt sich als individuell von Hand bemaltes Kunstwerk aus Porzellan, geschaffen in zweijähriger Arbeit von 1.600 Beschäftigten eines chinesischen Porzellanwerks. Die Ankündigung eines raren Klang-Ereignisses bringt im Februar 2013 die Ticket-Hotline der Tate Modern zum Zusammenbruch. "Kraftwerk", die Düsseldorfer Pioniere der Elektromusik, geben an acht Abenden in der Turbinenhalle je ein Konzert zu ihren acht legendären Alben.

"Contemporary Art"-Events wie diese und die stetig aktualisierte Sammlung machen die Tate Modern zum besucherstärksten Kunstmagneten seiner Art neben dem New Yorker MoMA und dem Centre Pompidou in Paris. Eine als Erweiterung an der Südseite zunächst geplante Glaspyramide weicht einem futuristischen Backsteinbau, der bis zu den Olympischen Spielen 2012 in London fertig sein soll. Doch die Wirtschaftskrise bremst das prestigeträchtige wie teure Vorhaben aus. Lediglich zwei voluminöse frühere Öltanks konnte die Tate Modern bislang zu Kunstarealen für Video- oder Klanginstallationen umgestalten. Inklusive eines leichten Odeurs von Öl.

Stand: 12.05.2015

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