"Der Fußball hat sich einen Tick geändert. Aber da ist noch eine Revanche offen. Beim ganzen Verein und bei der ganzen Mannschaft", sagte Nationalspieler Robert Andrich. "Wir sind alle heiß auf diese Revanche", sagte Jonathan Tah. Und auch Club-Chef Fernando Carro betonte: "Wir sind gierig und wollen um jeden Preis ins Finale." Und auch Patrik Schick, der von 2017 bis 2019 selbst für die Roma spielte, erklärte: "Alle Spieler und alle im Verein erinnern sich, wie sie im letzten Jahr gespielt haben. Und natürlich wollen wir ihnen alle dieses Gefühl zurückgeben."
Neben dem Triple aus Meisterschaft, Pokalsieg und Europa-League-Triumph ist es auch der Rückblick auf die Spiele gegen AS Rom im Vorjahr, der als Motivation dient. "Wir können uns noch sehr gut daran erinnern", sagte Tah. Nach einem 0:1 in Rom kam Bayer im Rückspiel trotz 23:1 Torschüssen nur zu einem 0:0.
"Ekelhaft", "Frechheit", "Schande"
Und die destruktive Spielweise, vor allem aber das aufreizende Zeitspiel und die theatralischen Einlagen nach Zweikämpfen erbosten die Leverkusener so sehr, dass sie nachher öffentlich Begriffe wie "ekelhaft", "Frechheit" oder "Schande" verwendeten.
Sportchef Simon Rolfes erklärte, der Schiedsrichter habe sich "verarschen" lassen, Kapitän Lukas Hradecky drückte Roms Finalgegner FC Sevilla demonstrativ die Daumen - und Roms damaliger Coach José Mourinho sprach derweil genüsslich von einem "fast schon epischen Spiel".
Völler über AS-Coach De Rossi: "Er ist ein toller Kerl"
"The Special One" Mourinho, als Coach bei Real Madrid einst engagierter Förderer des heutigen Leverkusener Meister-Machers Xabi Alonso, wurde im Januar beurlaubt. Nachfolger Daniele De Rossi ist als Typ wie als Trainer komplett anders. "Er war mein Spieler, als ich 2004 Trainer in Rom war. Er ist ein toller Kerl", sagte DFB-Sportdirektor Rudi Völler, für den die Roma nach Leverkusen der zweite Herzensverein ist, der "Sport Bild": "Er hat es verdient, weil er auch anderen, offensiveren Fußball spielen lässt und damit Erfolg hat."
Der im Vorjahr unbeteiligte Coach umgeht auch die Konfrontation und lobt Leverkusen angesichts von 46 Pflichtspielen ohne Niederlage: "Wir treffen auf eine ungeschlagene und anscheinend unbesiegbare Mannschaft." Doch viele Spieler aus dem Vorjahr sind noch da und das Déjà-vu-Erlebnis reißt damalige Wunden wieder auf.
Alonso: "Es ist die zweite Chance"
Coach Alonso achtet derweil wie immer darauf, dass solche Nebenschauplätze nicht so viel Raum einnehmen und seine Spieler nicht überdrehen. "Ein Halbfinale ist genug Motivation, da brauchen wir nichts extra", sagte er. Alonso gab am Mittwochabend nochmal zu, dass das Spiel im Vorjahr "Schmerzen verursacht hat, die eine Weile angedauert haben. Aber wir haben diesen Schmerz über den ganzen Wettbewerb hinweg genutzt. Jetzt haben wir die zweite Chance." Er habe die Partien aus dem Vorjahr aber vor der erneuten Reise nach Rom nicht mehr groß thematisiert.
Auch Rolfes mahnt zur Besonnenheit. "Überdrehen ist nie gut", sagte er: "Dominanz bekommst du nur, wenn du mit Kopf spielst und nicht nur von Emotionen geleitet bist. Aber Emotionen gehören dazu und sind auch ein Antrieb. Den haben wir auf jeden Fall. Deswegen freuen wir uns alle, dass es nach Rom geht.".
Rom-Frust als Startpunkt für Traumsaison
Rolfes erklärte, dass der Rom-Frust aus dem Vorjahr der Startpunkt für die aktuelle Traumsaison war. "Die Europa League vergangene Saison war auch ein Grundstein für die Meisterschaft. Aus dieser Enttäuschung haben wir viel Kraft gezogen", sagte er. Alonso hatte schon vor dem ersten Gruppenspiel dieser Saison gegen BK Häcken erklärt, er trage "natürlich noch ein bisschen Schmerz im Herz. Aber diesen Schmerz für einen guten Weg zu nutzen, ist eine große Motivation für alle".