Nico Schlotterbeck: Gefangen zwischen den Welten

Stand: 11.09.2023, 10:30 Uhr

Nico Schlotterbeck dürfte das Länderspiel gegen Japan in sehr schlechter Erinnerung behalten. Der Profi von Borussia Dortmund wechselt in seinen Leistungen häufig zwischen den Extremen.

Von Jörg Strohschein

Im Profi-Fußball ist es seit sehr langer Zeit üblich, Schulnoten für die Leistungen der einzelnen Spieler zu verteilen. Auch nach dem Länderspiel gegen Japan wurde wie selbstverständlich an dieser (deutschen) Tradition festgehalten. Und Nico Schlotterbeck dürfte wenig erfreut darüber gewesen sein, was er in den meisten Fällen zu lesen bekam.

In die Schulsprache übersetzt: Die Versetzung des 23-Jährigen von Borussia Dortmund erscheint nach diesem sehr fehlerhaften Auftritt überaus stark gefährdet.

Angespannte Lage beim BVB

Nicht nur dieser Tag dürfte am ausgeprägt großen Selbstbewusstsein Schlotterbecks nagen. Auch die noch junge Bundesligasaison ist bislang alles andere als optimal für den Innenverteidiger - der in der Nationalelf zuletzt als Linksverteidiger agieren musste - gelaufen.

Schlotterbeck, der als neuer Hoffnungsträger und Stabilisator vor gut einem Jahr vom SC Freiburg zum BVB für rund 25 Millionen Euro gewechselt war, ist noch weit entfernt von seiner Bestform.

Auch in Dortmund scheint die Lage angespannt zu sein. Nach dem ersten Bundesliga-Spieltag, als BVB-Trainer Edin Terzic Schlotterbeck gegen den 1. FC Köln lediglich auf die Auswechselbank setzte, soll es im Nachgang zwischen beiden auf dem Trainingsplatz zu einem offen ausgetragenen, lautstarken Disput gekommen sein - der mittlerweile aber wieder beigelegt sein soll.

Dennoch zeigt sich auch darin, mit welchem Selbstverständnis Schlotterbeck auftritt - was bislang allerdings kaum einmal mit seinen tatsächlichen Leistungen korrespondiert.

Überzeugung müsste beginnen zu bröckeln

In den beiden darauffolgenden Bundesliga-Partien stand Schlotterbeck zwar in der Startelf, aber auch er konnte nicht verhindern, dass sein Team gegen den VfL Bochum (1:1) und den 1.FC Heidenheim (2:2) nicht über zwei enttäuschende Remis hinaus kam - und damit einen verpatzten Saisonstart hinlegte.

Doch woran liegt es, dass Schlotterbeck derzeit nicht zu der Form findet, mit der er sich beim SC Freiburg einst so in den Vordergrund spielte?

Schmaler Grat

Bereits in der Vorsaison fiel Schlotterbeck mit seiner riskanten Spielweise und einigen spektakulären Tacklings auf. Zudem war er hin und wieder sogar torgefährlich. Aber diese häufig auch positiven Aktionen vermischten sich immer wieder auch mit teils haarsträubenden Ballverlusten. Das alles manchmal während eines einzigen Spiels. Der Grat, auf dem Schlotterbeck wandelt, ist äußerst schmal. Er wechselt (zu) häufig zwischen den Extremen.

"Ich bin ein Spieler, der manchmal sehr ins Risiko geht, und dann kommen immer noch ein paar Momente dazu, in denen ich Konzentrationsprobleme habe", sagte Schlotterbeck, kurz bevor er ins Ruhrgebiet wechselte.

Hinzu kommen immer wieder Verletzungen, die ihm einen dauerhaften Spiel-Rhythmus verwehren. Offenbar will Schlotterbeck zu schnell zu viel. Zuletzt musste Schlotterbeck vorzeitig aus dem Vorbereitungs-Trainingslager des BVB in den USA abreisen, weil er sich unglücklich das Knie verdreht hatte. Gegen Ende der Vorsaison litt er unter Muskelverletzungen, die ihm Probleme im für den BVB geradezu tragisch verlaufenden Saisonendspurt bereiteten. All das ist und war seiner Form nicht dienlich.

Zurück in der Innenverteidigung?

Im kommenden Länderspiel gegen Frankreich Dienstag (21 Uhr/ARD) dürfte Schlotterbeck wieder als Innenverteidiger aufgeboten werden, zumal sein Kollege Niklas Süle am Montag vorzeitig von der Nationalmannschaft abgereist ist, weil seine Frau ein Kind erwartet.

Auf seine neuen Noten dürfte Schlotterbeck dann sehr gespannt sein.