Es ist fast schon zu einer kleinen Tradition geworden, dass sich Granit Xhaka nach Spielen von Bayer 04 Leverkusen den Fragen der Öffentlichkeit stellt. Der 32 Jahre alte Schweizer ist zu einer Führungsfigur gereift, die auch in schwierigeren Zeiten wie zu Saisonbeginn das Wort zu den Darbietungen seines Teams erheben darf, soll und auch muss.
Der ehemalige Heißsporn ist zu einem Routinier auf allen Feldern des Profifußballs geworden und scheut sich auch nicht, unbequeme Wahrheiten - verpackt in wohl gewählte Worte - auszusprechen.
Herangehensweise verändert
Als etwa die Selbstverständlichkeit des Siegens bei der Werkself zwischenzeitlich verloren gegangen war, griff Xhaka auch verbal ein. Mit deutlichen Sätzen an die Kollegen wie: "Mir fehlt der letzte Biss, das Tor zu verteidigen" oder "Das ist ein Riesen-Weckruf für uns alle. Mit dieser Leistung können wir nicht weitermachen", versuchte er seine Teamkollegen unmissverständlich anzustacheln.
Die über die Jahre hinzu gewonnene Souveränität strahlt nun zum einen auf Xhakas Führungsanspruch und zum anderen auch auf sein eigenes Spiel aus. Der defensive Mittelfeldspieler hat seine Herangehensweise in dieser Saison noch einmal verändert und angepasst, auch weil er aufgrund der vorübergehenden Schwäche seines Teams offenbar dringenden Handlungsbedarf sah.
Neue Qualität bei Xhaka
So ist es kein Zufall, dass Xhaka sich in dieser Saison immer mehr zu einer Gefahr für die gegnerischen Abwehrreihen in der Bundesliga entwickelt hat. Bis zum 13. Spieltag verbuchte Xhaka bereits fünf Torvorlagen und ist damit bester Vorbereiter der Werkself. Zum Vergleich: In der außergewöhnlichen Meistersaison bereitete er keinen einzigen Treffer direkt vor.
Mit der aktuellen Ausbeute liegt der eigentliche Defensivspezialist gemeinsam mit Bayern-Angreifer Harry Kane auf Platz fünf in der Bundesliga - und nur knapp hinter den derzeit dieses Ranking anführenden Offensiv-Experten wie Frankfurts Omar Marmoush und Freiburgs Vincenzo Grifo (jeweils 7 Vorlagen).
Und schon jetzt hat Xhaka so viele Treffer direkt vorbereitet wie in seinen fünf vorherigen Bundesliga-Spielzeiten zusammen (5 Torvorlagen in 108 Spielen für Borussia Mönchengladbach).
Zwei Treffer hat er ebenfalls bereits selbst erzielt, in der Bundesliga-Vorsaison waren es insgesamt drei. Offenbar hat sich bei Xhaka in den letzten Monaten noch eine weitere Stärke herausgebildet, er hat jetzt seinen offenbar lange unterdrückten Offensivgeist neu entdeckt.
Neue Impulse für die Werkself
Xhaka versucht sich noch mehr in die Angriffe einzubringen. Wohl auch, weil Trainer Xabi Alonso die Top-Angreifer Victor Boniface und Patrik Schick (sind beide verletzt) kurz nacheinander ausgegangen sind und die Leverkusener Offensive diese Lücke erfolgreich ausfüllen und auf mehrere Schultern verteilen muss.
Xhaka hat seinen Weg gefunden, dem Leverkusener Spiel neue Impulse zu verleihen - und die Konzentrations- und womöglich auch leichten Motivationsschwächen des gesamten Teams am Saisonbeginn zu beseitigen.
Nach dem hart erkämpften 1:0-Erfolg in der Champions League gegen Inter Mailand analysierte der Leverkusener Profi: "Wir hatten wieder viel Kontrolle und sehr kleine Abstände, um Gegenpressing zu spielen. Wenn wir so spielen, wird es für viele schwer."
Dass die Werkself diesen Status wieder erreicht hat, daran ist der Leverkusener Chef im Mittelfeld maßgeblich beteiligt.