26. April 1988 - Warhol-Attentäterin Valerie Solanas tot aufgefunden

Ihr zweifelhafter Ruhm war kurz: Die feministische Schriftstellerin Valerie Solanas scheitert 1968 mit ihrem Versuch, den New Yorker Künstler Andy Warhol zu erschießen.

Von Andy Warhol stammt der viel zitierte Satz: "In Zukunft wird jeder 15 Minuten weltberühmt sein." Auch Valerie Solanas hat ihre 15 Minuten Ruhm, ehe sie wieder vergessen wird - zumindest von der Öffentlichkeit. Andy Warhol jedoch wird sein restliches Leben darunter leiden.

Attentat im eigenen Atelier

Am 3. Juni 1968 lauert Solanas dem Pop-Art-Künstler vor dessen New Yorker Atelier am Union Square auf. Beide fahren im Fahrstuhl zusammen nach oben. Warhol kennt die Frau, die ihn schon einige Male besucht hat, und schöpft keinen Verdacht.

Oben angekommen zieht Solanas eine Beretta Kaliber 32 aus einer Papiertüte und schießt mehrmals auf Warhol. Zwei Schüsse gehen fehl, Warhol lässt sich auf den Boden fallen. Der dritte Schuss durchbohrt seinen Körper und verletzt ihn schwer. Eine weitere Kugel trifft den Kunstkritiker Mario Amaya. Dann versagt die Pistole.

Während die Attentäterin flieht und durch die Straßen Manhattans irrt, kämpfen die Ärzte im Columbus Hospital um das Leben Andy Warhols. Er überlebt das Attentat, wenn auch schwer gezeichnet.

Nach mehr als drei Stunden stellt sich Valerie Solanas einem jungen Polizisten am Times Square. Während der späteren psychiatrischen Begutachtung erklärt Solanas, Warhol habe versucht, all ihre Werke zu stehlen.

Warhol-Attentäterin, radikale Feministin: Valerie Solanas WDR ZeitZeichen 26.04.2023 14:53 Min. Verfügbar bis 26.04.2099 WDR 5

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In dem Gutachten heißt es zudem, dass Solanas "eine ziemlich traurige Kindheit gehabt haben muss: geprägt von einem zerrütteten Elternhaus, sexuellem Missbrauch durch den Vater und häufige Unterbringung des Mädchens außerhalb der Familie".

Doch alle Erklärungen in dem Gutachten scheinen nicht wirklich schlüssig zu begründen, warum Valerie Solanas Andy Warhol erschießen wollte.

Genaues Motiv bleibt unklar

Andy Warhol (1976) | Bildquelle: Richard Drew / AP

War sie wirklich so sauer, dass er das Manuskript ihres Theaterstücks "Up my ass" verbummelt hatte? Das Manuskript hat sie etlichen Leuten geschickt und sie bedrängt, das Stück zu produzieren, oder sie zumindest dabei zu unterstützen. So erhält auch Andy Warhol ein Exemplar. Der kann es jedoch später nicht mehr wiederfinden und bietet Solanas deswegen an, in einem seiner Filme mitzuspielen. Doch Solanas findet das Honorar zu niedrig, fordert mehr Geld.

Tod mit nur 52 Jahren

Solanas fühlt sich von dem Künstler und seiner Entourage ausgenutzt. Ihr Verleger nutzt den Rummel nach dem Attentat, um ihr Buch herauszugeben, das "S.C.U.M- Manifesto". S.C.U.M. heißt so viel wie Abschaum, die vier Buchstaben stehen aber auch als Abkürzung für "Society for cutting up men" - "Gesellschaft für die Zerstückelung von Männern".

Darin zeigt sich die Wut und Verbitterung der Schriftstellerin, die in den 1950er Jahren aufgewachsen ist - in der konservativsten Zeit in Bezug auf das Rollenverständnis von Männern und Frauen. In ihrem Manifest schreibt sie etwa, dass das männliche Geschlecht vernichtet werden müsse. Ihre Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse der USA und der Art und Weise, wie Männer und Frauen miteinander umgehen, ist für manche im Kern durchaus überzeugend.

Tod mit nur 52 Jahren

Solanas wird wegen versuchten Mordes, Körperverletzung und illegalen Waffenbesitzes angeklagt und für drei Jahre in eine Psychiatrie eingewiesen.

Am 26. April 1988 wird sie in einem Hotel für Obdachlose tot aufgefunden. Sie muss schon mehrere Tage dort gelegen haben. Sie ist an einem Lungenemphysem erstickt - im Alter von 52 Jahren.

Autor des Hörfunkbeitrags: Thomas Mau
Redaktion: David Rother

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 26. April 2023 an den Todestag der Warhol-Attentäterin Valerie Solanas.

ZeitZeichen am 27.04.2023: Todestag der Theologin und Schriftstellerin Dorothee Sölle