Es ist ein Abkommen, das die deutsche Teilung erträglicher machen soll - zunächst einmal für diejenigen, die im Westen leben: Sie sollen über das Gebiet der DDR nach West-Berlin und zurück fahren können - ohne vorher ein Visum zu beantragen. Und auch Besuche sollen einfacher werden.
"Ich hoffe, dass das Abkommen den Menschen dient, denen unsere Arbeit gilt", sagt damals Staatssekretär Egon Bahr (SPD) - er gilt als Mastermind hinter dem Transitabkommen.
Das Ziel der DDR
Die Hoffnung der DDR-Bürger auf Besuchs- und Reisemöglichkeiten in den Westen wird sich indes nicht erfüllen. Denn die DDR-Führung verknüpft mit dem über Monate ausgehandelten Vertragswerk ein ganz anderes Ziel: Das Abkommen sei geeignet, "dass zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland Beziehungen hergestellt werden, wie sie zwischen souveränen und voneinander unabhängigen Staaten üblich und notwendig sind." So formuliert es DDR-Unterhändler Michael Kohl.
Bei den Verhandlungen - die ersten überhaupt zwischen den beiden deutschen Staaten - belauert man sich wie zwei Boxer im Ring. Am Ende aber steht ein Abkommen, das am 17. Dezember 1971 unterzeichnet wird.
Als das Abkommen im Juni 1972 in Kraft tritt, müssen sich die Reisenden auf lange Wartezeiten und intensive Kontrollen einstellen. Am meisten fürchtet das SED-Regime, dass die durchfahrenden Westler DDR-Bürgern zur Flucht verhelfen könnten. Anhalten darf man deshalb nur an eigens ausgewiesenen Raststätten - und die werden von der Stasi lückenlos überwacht. Die Transitstrecke zu verlassen, selbst nur aus Versehen, kann schnell unangenehm werden.
Opposition in Bonn sieht Abkommen kritisch
"Wir fürchten, dass trotz dieser Abmachungen die Mitbürger in Ostdeutschland bis auf weiteres eingemauert bleiben." So die Kritik von Oppositionsführer Rainer Barzel (CDU). Für die Regierung von Kanzler Willy Brandt (SPD) jedoch ist das Abkommen Teil eines viel größeren Projekts: Mit ihrer Entspannungspolitik setzt sie auf einen "Wandel durch Annäherung".
Besonders die West-Berliner lernen die neue Freiheit schnell schätzen. Ab sofort können sie ohne großen Aufwand in den Ostteil der Stadt fahren: Verwandte besuchen, Freunde wiedersehen. Oder einfach mal gucken gehen - bis 1989. Die Mauer fällt. Das Transitabkommen ist Geschichte.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Kerstin Hilt
Redaktion: Ronald Feisel
Programmtipps:
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 17. Dezember 2021 an das Transitabkommen zwischen der BRD und der DDR. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.
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