ZeitZeichen

10.12.2014 - Todestag des Publizisten Ralph Giordano

Stand: 16.10.2019, 10:22 Uhr

"Hier kennt uns noch keiner - aber das wird sich bald ändern". Sagt Ralph Giordano Anfang der 60er Jahre zu seinem Kollegen, als er vor dem WDR-Filmhaus steht. An Selbstbewusstsein fehlt es ihm nie - und er wird Recht behalten.

Von Thomas Pfaff

Mit Dokumentationen wie "Heia Safari" über die deutsche Kolonialherrschaft in Afrika oder "Die armenische Frage existiert nicht mehr" über den Genozid an den Armeniern setzt er Maßstäbe für den Dokumentarfilm in der Bundesrepublik.

Als Verfolgter des Naziregimes - der Sohn einer jüdischen Mutter überlebt den Holocaust mit seiner Familie in einem Versteck in Hamburg - steht er immer auf der Seite der Verfolgten und der Opfer staatlicher Macht. Sein Bestseller "Die zweite Schuld" setzt in den 80er Jahren das Ausmaß der Verdrängung des Nationalsozialismus in der deutschen Justiz auf die politische Tagesordnung.

1992 wird der wortgewaltige Giordano endgültig zu einer Art Gewissen der Nation, als er in einem offenen Brief an Bundeskanzler Kohl das Versagen der Politik vor und nach den Ausschreitungen von Hoyerswerda und den Brandanschlägen von Mölln anprangert.

Umso tragischer, dass Ralph Giordano im hohen Alter seinen moralischen Kompass verliert, in der Integrationsdebatte Thilo Sarrazin Recht gibt, den Bau der Kölner Großmoschee als "Landnahme auf fremdem Territorium" bezeichnet und ausgerechnet von denen Beifall bekommt, die er zeitlebens bekämpft hat: Von Nazis und rechten Populisten.

Redaktion: Ronald Feisel

Ralph Giordano, Publizist (Todestag 10.12.2014) WDR ZeitZeichen 10.12.2019 14:43 Min. Verfügbar bis 07.12.2099 WDR 5

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