Politik braucht ein Leitbild – Harald Welzer

Ein gutes Leben ist machbar, die Zukunft nach wie vor offen, sagt der Sozialpsychologe Harald Welzer. Er fordert ein gesellschaftliches Leitbild, das unter den von Krisen geprägten Bedingungen des 21. Jahrhunderts ein zivilisiertes Leben in Freiheit ermöglicht.

In den vergangenen anderthalb Jahren hat sich der Sozialpsychologe Harald Welzer bei zahlreichen Talkshowauftritten zum Ukrainekrieg klar positioniert: Er spricht sich gegen immer neue Waffenlieferungen aus und fordert mehr Diplomatie.

In seiner aktuellen Publikation “ZeitenEnde” – eine Anspielung auf den vielzitierten Begriff “Zeitenwende”, den Kanzler Olaf Schulz nach dem russischen Angriff im Bundestag verwendete – warnt Welzer, dass sich “die Mehrheit der Deutschen abwendet von den politischen, wirtschaftlichen und medialen Eliten”. Es verbreite sich die “Meinung, dass die Mächtigen sich immer weiter von den realen Problemen des Alltags entfernen”. Darin sieht Welzer eine große Gefahr: Es sei “höchst fahrlässig, diese Vertrauenslücke den Feinden der Demokratie zu überlassen” – eine Anspielung auf die hohen Umfragewerte der AfD.

Die Politik, kritisiert Welzer, sei “zum Reparaturbetrieb degeneriert”, ihre Versprechen seien längst nicht mehr einlösbar. Er fordert ein neues Leitbild und glaubt daran, "dass es ein gutes Leben gibt, auch wenn es noch nicht realisiert ist”. Dazu bedürfe es einer “Kultur der lebendigen Sozialität, der anlasslosen Vergemeinschaftung”.

Buchtipp

Harald Welzer (2023): ZeitenEnde. Politik ohne Leitbild, Gesellschaft in Gefahr.
Frankfurt/Main: S.Fischer Verlag, 304 Seiten. 24 Euro. ISBN 978-3103975819.

Redaktion: Moritz Folk

Politik braucht ein Leitbild – Harald Welzer WDR 5 Neugier genügt - Redezeit 01.09.2023 23:04 Min. Verfügbar bis 31.08.2024 WDR 5

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