Tönende Erinnerungsträger – Geräusche

Musik – das ist gut erforscht – kann Menschen zu Tränen rühren, eine Gänsehaut auslösen und wohlige Schauer über den Rücken jagen. Forscher:innen sprechen vom sogenannten Chill, einem starken emotionalen Erleben, das mit körperlichen Reaktionen wie eben Gänsehaut oder Schauergefühl einhergeht.

Doch noch vor der Musik steht das Geräusch; Töne und Klänge, die das Urrauschen der Frühzeit prägen. Das ist – neben den Geräuschen, die der Embryo bereits im Mutterleib aufs Ohr kriegt – die erste Musik in der Geschichte der Menschheit. Es liegt also nahe, dass im Geräusch der Schlüssel dazu liegt, warum uns Klänge glücklich machen können.

Es sind vor allem, die oft überhörten, kleinen Geräusche des Alltags, die zum stillen Glück und zum Wohlbefinden beitragen. Sie küssen das Ohr, bedeuten Wellness für Gehör und Seele. Das Knistern und Knacken eines Feuers zum Beispiel, das Rauschen der Wellen, das Zirpen der Zikade, der Gesang der Vögel und auch Regentropfen gehören dazu.

Im Netz hat sich eine Community auf noch kleinere Geräusche spezialisiert. Bei ASMR präsentieren Content-Creator:innen flüsternd ihre neuen Sounds in langen Videos, die dabei helfen sollen zu entspannen und in den Schlaf zu finden. Atemgeräusche, Fingernägel, die glatte Oberflächen streicheln oder zart klackernd antippen - anregend, aufregend winden sich Stimme und Geräusch durch die Hörmuschel der Zuhörerinnen und Zuhörer, die im Optimalfall ein Kribbeln am Hinterkopf spüren - eine Art innere Gänsehaut.

Geräusche sind außerdem – ähnlich wie das Gebäckstück namens Madeleine bei Proust – ein wunderbarer Trigger für längst vergessene Erinnerungen.

Autorin: Jane Höck

Redaktion: Gundi Große