Lesefrüchte

"Twilight Zone" von Nona Fernández

Stand: 28.05.2024, 13:30 Uhr

Eine Diktatur hinterlässt tiefe gesellschaftliche Traumata. Nona Fernández hat in ihrem neuen Roman Biographien von Verschwundenen, Gefolterten und Überläufern während der Pinochet-Diktatur in Chile rekonstruiert und zu einem Drama zusammengefügt.

Diktaturen wie die des Augusto Pinochet in Chile hinterlassen tiefe gesellschaftliche Traumata. Und ihre Aufarbeitung ist ein mühevolles Unterfangen, das nur selten gelingt. Ein großer Wurf ist deshalb der neue Roman "Twilight Zone" von Nona Fernández. Ausgangspunkt ist die Begegnung einer Journalistin mit dem ehemaligen Geheimdienstagenten Andres Valenzuela. Eine wahre Begebenheit.

Mit dem Titel "Ich habe gefoltert" und dem Foto Valenzuelas erscheint 1985 die Oppositionszeitung "Cauce". Nona Fernández war damals 14 Jahre alt und begeistert von der Science Fiction-Fernsehserie "Twilight Zone", in der es um unwahrscheinliche Geschichten und unbekannte Dimensionen geht. Ebenso fremde Welten für die Schülerin wie die Folterzentren und Geheimgefängnisse, in denen bis 1990 Oppositionelle verschwanden und häufig nie mehr wiederkehrten.

Nona Fernandez hat eine Mischung aus Autobiographie und politischer Erzählung vorgelegt, die geprägt ist vom Ringen um Erinnerung und Gerechtigkeit. Der Roman mahnt zum genauen Hinsehen und Zuhören. Die wachsende Anhängerschaft für autoritäre Regierungsformen hier in Europa macht das Buch zu einer brandaktuellen Lektüre.

Eine Rezension von Gerhard Klas

Literaturangaben:
Nona Fernández: Twilight Zone
Aus dem chilenischen Spanisch von Friederike von Criegern
Culturebooks, 2024
240 Seiten, 24 Euro