Buch der Woche

"Datingroman" von Isobel Markus

Stand: 12.07.2024, 08:31 Uhr

Auf der Suche nach Lust und Liebe: In ihrem "Datingroman" lotet Isobel Markus das merkwürdige Paarungsverhalten moderner Großstadtmenschen fortgeschrittenen Alters aus, auch auf Basis eigener Erfahrungen. Ein Roman zur Zeit – mit Witz, Herz und Verstand.

Isi und Wiebke haben einen Deal: Sieben Tage, sieben Dates. Übers Onlinedating. Und dann mal schauen, was passiert. Das ist der gemeinsame Plan der beiden. Ihre Ziele sind allerdings etwas unterschiedlich gelagert: Wiebke freut sich eher auf kleine, lustvolle Abenteuer, und sie ist durchaus flexibel, was das Geschlecht angeht. Isi, die Erzählerin, sucht einen Mann, und sie wäre wohl nicht abgeneigt, wenn sich mit einem ihrer Gegenüber ein etwas ernsteres Miteinander ergeben würde, also: eine Beziehung.

Da, so viel kann man verraten, sind allerdings meist die Kandidaten vor, die der Algorithmus für passend erachtet hat: Einer merkwürdiger als der Andere, alle mehr oder minder so vom Leben geprägt, dass nicht bloß diverse Marotten und Eigenheiten auffällig sind, sondern auch das Päckchen mitunter fast größer wirkt als der, der es zu tragen hat.

Wobei: Wiebke und Isi sind letztlich ja selbst nicht weniger skurril als diejenigen, die sie treffen, in ihrer Suche, mit ihren Macken, in ihrer Art, mit den Situationen, in die sie geraten, umzugehen – was Isobel mit gut portionierter (Selbst-)Ironie dazustellen weiß.

Paarungswillige Großstädter:innen leicht fortgeschrittenen Alters am Rand des Nervenzusammenbruchs. Verrückte Charaktere, absurde Geschichten, peinliche Fehlschläge und glorreiche Abenteuer – Isobel Markus "Datingroman" hat enorm viel zu bieten; gekonnt angerichtet und gut gewürzt mit viel Witz und jeder Menge Situationskomik aufgetischt. Der ganz normale Alltagswahnsinn halt; hier im Konzentrat. Spannend ist aber auch der Hintergrund des Romans; die Transformationen, die dazu geführt haben, dass er der wurde, der er jetzt ist: Aus dem persönlichen Erleben wurden schnelle, kleine Geschichten bei Facebook, aus den Geschichten wurde etwas ganz anderes, nämlich Literatur – und das Ganze ist auf der Metaebene ein so subtiles wie trickreiches Spiel mit den Dynamiken von Realität und Fiktion. Autofiktionale Literatur vom Feinsten, mit Witz, Herz und Verstand.

Eine Rezension von Ulrich Noller

Literaturangaben:
Isobel Markus: Datingroman
Mikrotext Verlag, 280 Seiten, 25 Euro.