Autor im Gespräch

Sabin Tambrea über "Vaterländer"

Stand: 11.10.2024, 14:49 Uhr

Drei Generationen, ein Schicksal: Der Schauspieler Sabin Tambrea erzählt in seinem zweiten Roman die Geschichte seiner rumänischen Familie. Von Verfolgung und Flucht, aber auch Liebe und Zusammenhalt.

Sabin Tambrea ist heute einer der profiliertesten deutschen Schauspieler. Ob auf der Bühne des Berliner Ensembles oder auf der Leinwand – ihn umgibt eine spezielle Aura, die viele Zuschauer in den Bann zieht. Aber bis an den Gipfel der Hochkultur war es ein weiter Weg. Den erzählt Tambrea nun in seinem zweiten Roman "Vaterländer".

Die Familie Tambrea kommt nämlich ursprünglich aus Rumänien. Der Roman teilt sich in drei Abschnitte, in denen drei Generationen dieser besonderen Familie zu Wort kommen: Zu Beginn der kleine Sabin, der 1987 als Kleinkind mit seiner Mutter und seiner Schwester in Deutschland ankommt, wo sie schon sehnsüchtig von Vater Béla erwartet werden. Béla hatte sich zuvor auf einer Orchesterreise nach Deutschland abgesetzt – und als Violinist das Glück, in einem Orchester für geflüchtete Musiker aufgenommen zu werden. Seine Flucht, die Liebe zwischen ihm und seiner Frau Rodica und das schwierige Leben in Rumänien sind Thema des dritten Teils.

Dazwischen lässt Sabin Tambrea seinen Großvater Horea zu Wort kommen. Dieser war 1949 vom rumänischen Geheimdienst verhaftet und ohne Grundlage zu Gefängnis und Arbeitslager verurteilt worden. Nach dem Zusammenbruch des Regimes 1989 legt Horea schriftlich Zeugnis ab und versteckt die Papiere im Kleiderschrank. Erst nach seinem Tod findet die Familie den Bericht – Enkel Sabin hat ihn nun übersetzt und in seinen Roman integriert.

"Vaterländer" ist das Porträt einer Familie, deren Zusammenhalt so stark ist, dass er auch geheimdienstlichem Terror und einer Trennung über Ländergrenzen hinweg standhält. Hier ist der Roman besonders überzeugend, weil aus jeder Zeile die Liebe und Hochachtung für die beschriebenen Personen spricht.

Besonders dem Mut von Vater Béla und der stillen Würde des Großvaters Horea werden auf diese Weise eindrückliche Denkmale auf Papier errichtet. Es ist außerdem ein Verdienst des Buches, das alltägliche Leben in der Ceaușescu-Dikatur einzufangen. Und nicht zuletzt macht Tambrea deutlich, welch großen Bruch Menschen erleben, die die Flucht in ein anderes Land wagen. Er tut das einfühlsam, authentisch und mit dem größten Einsatz, den ein Mensch hat: mit Herz.

Eine Rezension von Lina Brünig

Sabin Tambrea über "Vaterländer" WDR 5 Bücher - Autoren im Gespräch 12.10.2024 12:02 Min. Verfügbar bis 11.10.2025 WDR 5

Download

Literaturangaben:
Sabin Tambrea: Vaterländer
Gutkind Verlag, 2024
368 Seiten, 24 Euro