Aktuelle Lyrik

"Die Suche nach dem Ende der Dunkelheit" von Michael Stavarič

Stand: 12.01.2024, 16:27 Uhr

Michael Stavarič hat für seinen zuletzt erschienenen Lyrikband das Meer als allgegenwärtigen szenischen Hintergrund gewählt. Alles fließt. Alles schwappt. Alles schwimmt.

1979 übersiedelte der sieben Jahre alte Michael Stavarič mit seinen Eltern aus der alten Tschechoslowakei in die Republik Österreich. Nach der Schule studierte Michael Stavarič Kommunikationswissenschaften, Publizistik und Bohemistik in Wien.

Nach dem Studium arbeitete er neben seiner Tätigkeit für einen ehemaligen Tschechischen Botschafter auch als "Lehrbeauftragter für Inline-Skating" an der dortigen Sportuniversität. Das zumindest vermelden die einschlägigen Nachschlagemedien zu seiner Biographie. "Lehrbeauftragter für Inline-Skating…wenn‘s denn stimmt, warum nicht.

Michael Stavarič, dem ein schalkhafter Humor nachgesagt wird, hat bisher Romane, Essays, Erzählungen, Kinderbücher und Lyrik veröffentlicht. Sein Gedichtband "Die Suche nach dem Ende der Dunkelheit" ist ein in 51 Kapiteln unterteilter fließender Text, der einen Protagonisten und eine Protagonistin ins Zentrum stellt, die offensichtlich gemeinsam am Ufer eines Meeres leben.

Ein Wir-/Ich-Erzähler führt durch einen maritimen Stavarič-Kosmos, der vieles denkbare verhandelt, ohne den direkten Bezug zur See aus den Augen zu verlieren. Michael Stavarič ist eine große kreative Imaginationskraft gegeben, deren Ausdruck eine Fülle von skurrilen, surrealen und grotesken Einfällen ist.

Da wird von Zweisamkeit erzählt, "...wir waren verspätete Atemzüge, mehr / Kohlendioxid denn Sauerstoff, jedoch wahrlich / Gehäuse mit zwei perfekt ineinander verschraubbaren / Gewinden." Da wird ein Arbeitsangebot ausgelotet, "…In einer der Fabriken an der Küste suchten sie nach / jemandem mit einer kräftigen Stimme. In den Mittagspausen / sollten die Nachrichten des Tages verlesen / werden".

Und natürlich wird vom Meer erzählt und von allem was sich darin, darüber oder dahinter abspielt: , "…Der Ozean hatte / während der Nacht ganze Muschelbänke und was weiß ich / zerteilt, die Strände waren voller übellauniger Opfer. Wir / konnten ein Schiff erkennen, das im Kreis fuhr, der Kapitän winkte uns heran, als hätte er die Orientierung verloren. Wir deuteten ihm, zu / verschwinden…".

Michael Stavarič ist ein meisterhafter Sprach-Jongleur, der eine phantastische Menge zu erzählen hat und das in einem angenehmen Ton absolviert, mit viel wunderbarem und bisweilen burleskem Humor.

Bei seiner "Suche nach dem Ende der Dunkelheit" sieht die Realität wirklich alt aus und die Surrealität jung und frisch. Dieses Buch sollte man in jedem Fall auf dem Zettel haben.

Eine Rezension von Matthias Ehlers

Literaturangaben:
Michael Stavarič: Die Suche nach dem Ende der Dunkelheit. Gedichte
Limbus Verlag 2023
96 Seiten, 15 Euro