Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Seit Juni 2017 gilt dies auch für homosexuelle Frauen und Männer. Der Deutsche Bundestag stimmte für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Mit dieser Entscheidung hatte niemand zu diesem Zeitpunkt gerechnet. Jahrelang war gestritten worden, ob nicht aus der eingetragenen Lebensgemeinschaft, gewissermaßen eine "Ehe light" für Schwule, eine gleichberechtigte Ehe werden solle, mit allen Rechten und Pflichten. Eine wirkliche Gleichberechtigung, ein deutliches Zeichen des Staates für alle homosexuellen Menschen. 393 Abgeordnete stimmten dafür, 75 auch von aus den Reihen der CDU. Der Schutz des Staates für alle, die den Bund der Ehe eingehen wollen. Aus der sogenannten Homoehe wird von Staats wegen eine anerkannte gleichwertige Ehe. Ein endgültiges Zeichen dafür, dass die Akzeptanz besiegelt, der Respekt für Schwule und Lesben gesichert ist.
Kritik von rechts außen
Ganz so einfach ist die Sache leider nicht. Nicht nur, dass die Kanzlerin selbst die rote Karte zur Abstimmung wählte, also mit nein stimmte. Vor allem von rechts außen wurde einmal mehr der Untergang des Abendlandes beschworen. In einem Kommentar der AfD hieß es: "Wieder einmal feiern die linken Ideologen in diesem Land den Einsturz eines der letzten verbliebenen Eckpfeiler der gesellschaftlichen Stabilität." Und für die Zukunft sah man als Folge die Ehe von bisexuellen Trios, die Ehe mit Kindern, die Ehe mit Haustieren, richtig gehört.
Kramp-Karrenbauer findet nichts Gutes an der Gesetzesänderung
Völlig spinnert? Die AfD wird sinnigerweise von einer Fraktionsvorsitzenden geführt, deren Lebenspartnerin aus Sri Lanka stammt und mit der sie zwei Kinder großzieht. Aber nicht nur die AfD würde das Rad am liebsten zurückdrehen. Auch Annegret Kramp-Karrenbauer, Merkels Nachfolgerin als Parteivorsitzende, kann nicht Gutes an dieser Gesetzesänderung finden, sondern befürchtet Schlimmes. Durch die Ehe für alle seien andere Forderungen nicht auszuschließen, etwa, ich zitiere wörtlich "eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen." Damit bringt sie die gleichgeschlechtliche Ehe ausdrücklich in Verbindung mit Inzest und Vielehe. Beides erfüllt einen Straftatbestand.
Änderung ging ein jahrzehntelanger Kampf voraus
Dabei ging dieser Gesetzesänderung für die Menschen, die gleichgeschlechtlich heiraten wollen, ein jahrzehntelanger Kampf um Gleichberechtigung voraus. Es sei noch einmal daran erinnert, dass der Paragraf 175, der Liebe unter Männern mit Gefängnis bestrafte, erst endgültig im Jahr 1994 abgeschafft wurde. Geschätzt 50.000 Männer waren nach 1945 wegen ihrer sexuellen Neigung auf Grundlage dieses Paragrafen bis 1969 verurteilt worden. Im Juni 2017 beschloss der Bundestag, diese Urteile aufzuheben und die Betroffenen zu entschädigen.
Ein Zeichen für die Gleichstellung in Deutschland
Das Leben homosexueller Menschen ist in vielen Länder mehr als schwierig, es ist lebensgefährlich. Aktuell wurde in Brunei die Todesstrafe für Schwule eingeführt. Brasiliens neuer rechter Präsident Bolsonaro ist bekennender Gegner von Schwulen und erklärte vor wenigen Tagen, Brasilien dürfe kein "Urlaubsparadies für Schwule" werden. In Osteuropa sind Homosexuelle starken Ressentiments ausgesetzt, die nicht zuletzt von der katholischen Kirche geschürt werden. In Italien nennt sich Familienminister Lorenzo Fontana einen "Kreuzzügler" gegen die Rechte der Schwulen und Lesben.
Wir Deutsche können stolz darauf sein, dass der Paragraf 6 des Grundgesetzes auch für homosexuelle Frauen und Männer gilt. Er ist ein deutliches Zeichen für die Gleichstellung homosexueller Menschen in unserer Gesellschaft. Und damit für ein tolerantes und modernes Deutschland.