Geistliche Liebeserklärungen und Glockenspielereien

Die erste Vesper-Stunde tritt den Beweis an: Wenn es um die Liebe geht, dann kann die geistliche Musik hoch emotional werden. In der zweiten Vesperstunde dreht sich alles um den Klang des Glockenspiels.

Holzschnitt-Darstellung aus Salomos Hohelied der Liebe 2,6 (Seine Linke liegt unter meinem Haupte, und seine Rechte herzt mich.) | Bildquelle: bilwissedition

Vesper I

Ego amo te. Geistliche Liebeserklärungen

17:04 - 17:45 Uhr

"O Gott, ich liebe dich, denn du hast mich vorher geliebt". Mit diesen Worten eröffnet der Prager Barockkomponist Jan Josef Ignác Brentner eines seiner geistlichen Konzerte. Mit großer Wärme und sehr persönlich wendet es sich direkt an Gott. Die Anregung zu solchen expressiven Werken bekam Brentner vor allem von seinen italienischen Kollegen. Sie sorgten in der Zeit des Barock mit ihren expressiven Werken in ganz Europa für Aufsehen. Mit Vorliebe vertonten sie Texte und Gebete, die die emotionsgeladene und bildreiche Sprache des Hoheliedes aufgriffen oder dieses poetischste Buch der Bibel sogar wörtlich zitierten. Schon der Renaissance-Meister Giovanni Pierluigi da Palestrina schrieb einen Zyklus von Hohelied-Motetten. Ein weltliches Madrigalen von Palestrina nahm im frühen 17. Jahrhundert der Kapellmeister an der Kathedrale in Pavia, Benedetto Reggio, zur musikalischen Grundlage für seine innige Motette "Ostende mihi faciem tuam". Auch sie vertont einen Text aus dem Hohelied. Der venezianischen Markuskapellmeister Natale Monferrato fragt in seinem Solokonzert "Sic ergo Jesu", wie das Leben eines Gläubigen wohl ohne seinen geliebten Jesus ausgesehen hätte, und er liefert auch gleich die Antwort: Es wäre voller Klagen, Leid und Tod. 

 Von Helga Heyder-Späth

Ego amo te. Geistliche Liebeserklärungen WDR 3 Vesper 13.05.2023 39:34 Min. Verfügbar bis 13.05.2024 WDR 3

Die Musikstücke zur Sendung

17:04 - 17:45 Uhr
Komponist:inTitel / LängeInterpret:in
Jan Josef Ignác BrentneO Deus, ego amo te
Geistliches Konzert
(6'59'')
Hana Blazíková, Sopran
Collegium Marianum
Leitung: Jana Semerádová
Jacques ArcadeltO pulcherrima mulierum
Motette
(2'31'')
Choeur de Chambre de Namur
Leitung: Leonardo Garcia Alarcón
Benedetto ReggioOstende mihi faciem tuam. Geistliches Konzert
(4'10'')
Georg Poplutz, Tenor
Johann Rosenmüller Ensemble
Giovanni Pierluigi da PalestrinaPulchra es amica mea
Diminution
(5'08'')
Ensemble Daimonion
Natale MonferratoSic ergo Jesu
Solomotette
(6'00'')
Paulin Bündgen, Countertenor
Ensemble Céladon
Giovanni GabrieliDulcis Jesu patris imago.
Sonata con voce
(6'46'')
Etienne Debaissieux, Bass
Thibaut Lenaerts, Tenor
Els Janssens, Mezzosopran
Danièle Bodson, Sopran
Ensemble La Fenice
Choeur de chambre de Namur
Leitung: Jean Tubery

Vesper II

Glockenspielereien

18:04 - 19:00

Das Carillon im Rathausturm. Beim Carillon handelt es sich um ein Glockenspiel, dass über eine Tastatur angeschlagen wird. Hier sieht man Glocken mit Zugseilen im Rathausturm | Bildquelle: Thomas Brill / WDR

Als "wildes und unordentliches Geklängel" wird in einem alten Lexikon der Klang des Glockenspiels beschrieben. Dennoch bleiben bis heute Menschen fasziniert stehen, wenn aus einem Turm kunstvolle Musik erklingt.

Zur "Erholung der Bewohner und Besucher" spielten die Glockenspieler bekannte Melodien und Werke, die für ihr schweres Instrument geeignet waren. Umgekehrt waren Komponisten der Barockzeit beeindruckt von dem Glockengeläut und haben es in ihre Werke aufgenommen. Jan van Eyck war Blockflötist und Glockenspieler, sodass seine Werke gern auf beiden Instrumenten aufgeführt werden, manchmal sogar im Wechselspiel. Glockenklänge haben den Cembalisten Couperin ebenso inspiriert wie den französischen Geiger Luc Marchand. Die 2. Vesperstunde spannt den Bogen von den Zauberglöckchen aus Mozarts ‚Zauberflöte‘ bis hin zu den Totenglocken einer Kantate Kuhnaus. Eingerahmt wird alles

Von Judith Nüsser

Glockenspielereien WDR 3 Vesper 13.05.2023 53:15 Min. Verfügbar bis 13.05.2024 WDR 3

Die Musikstücke zur Sendung

18:04 - 19:00
Komponist:inWerk / LängeInterpret:in
Jacob van EyckPsalm 103
für Carillon
(5'24'')
unbekannter Interpret, Glockenspiel
François CouperinLe carillon de cithère 
für Cembalo
(5'20'')
Pierre Hantai, Cembalo
Jacob van EyckFantasia en echo
für Blockflöte und Glockenspiel
(2'19'')
unbekannte Interpreten
Wolfgang Amadeus MozartAusschnitt (Glockenspiel)
aus: Die Zauberflöte, KV 620
Singspiel in 2 Aufzügen
Akademie für Alte Musik Berlin
Leitung: René Jacobs
Luc MarchandSuite a-Moll, op. 1,1
für Violine und Cembalo
(12'30'')
Johannes Pramsohler, Violine
Philippe Grisvard, Cembalo
Johann Kuhnau"Wie lieblich klingt ihr Sterbe-Glocken"
aus: Ich habe Lust abzuschneiden
für Soli, Chor, Fagott, Streicher und Basso continuo
(4'04'')
Opella Musica
Camerata Lipsiensis
Pietro Antonio LocatelliSonate d-Moll, op. 6,12
für Violine und Basso continuo - für Carillon
(11'55'')
Arie Abbenes, Carillon