Valentina Magaletti:"I would love to be the Hannah Höch of drums"

Magaletti spielt. Und spielt. Und spielt. Solo, in unzähligen Kollaborationen, aber auch lange währenden Projekten wie dem Duo TOMAGA oder der Band Vanishing Twin. Mal auf "klassischen", mal auf Keramik Drum-Kits. Und auch mal mit Kontaktmikrofonen.

Geboren und aufgewachsen ist Valentina Magaletti in der italienischen Stadt Bari. Noch in Italien studiert sie Jura und schließt Anfang der 2000er mit einer Dissertation über geistiges Eigentum ("intellectual property") ab. Aber seit ihrem 12. Lebensjahr spielt sie auch intensiv Schlagzeug und Percussion. In Bari, inspiriert durch einen ihrer Lehrer, den Jazz-drummer MICHELE DI MONTE, u.a. in der Soul-Jazz-Cover-Band SESTETTO NUOVO.

Später wurde sie von ihrem Lehrer AGOSTINO MARANGOLO, drummer der Prog Rock Band GOBLIN, die u.a. bekannt geworden ist durch Soundtracks für den italienischen Giallo - Regisseur Dario Argento, auf andere Pfade geschubst. Sie führen an Beatbrüchen und dem unerschöpflichen Feld alternativer Soundquellen entlang. Es sind Pfade, die ihre spätere Arbeit deutlich prägen. Nach ihrem Studium geht es für sie gelockt von der florierenden Musikszene nach London. Aber auch da steht erstmal noch ein Fuß in der Juristerei (sie arbeitet lange Zeit am Crown Court im "Witness support"), der andere in der Musik. Magaletti schmiedet Kontakte, spielt mit Bands wie ECONOLINE, mit der sie in einer der Legendären John Peel Sessions ladet. Oder der Psych Rock Band THE OSCILLATION. Irgendwann spielt sie so viel, dass sich Jura und Musik nicht mehr vereinbaren lassen. Endlich!

Nahezu unzählige Kollaborationen sind neben lang währenden Projekten ihr place to express and evolve. Die zwei Hauptpfeiler: Ihre langjährige Duo-Heimstätte TOMAGA mit Bassist und Elektroniker Tom Relleen, ihrem gefundenen Bruder im Geiste, der 2020 mit nur 42 Jahren an Magenkrebs verstorben ist. Und die Art-Pop mit Retro Flügeln - Band VANISHING TWIN. Aber seit Beginn der 2020er - vielleicht bedingt durch die solitären Umstände der Pandemie - sind inzwischen auch vier Solo-Veröffentlichungen von ihr erschienen. Darauf: Unerhörte Klänge und Haptiken (z.B. der Sound von Linsen oder einem Keramik-Drumset), mit field recordings und library music auch jenseits des Drum- und Percussion-Kits erzeugt. Und strukturell - wie auch in ihrem Kollaborationen - orientiert an Ästhetiken aus der Bildenden Kunst. Allen voran DADA, Surrealismus und Art Brut. An Werken von Hanna Höch, Kurt Schwitters und Marcel Duchamp. Referenzen, die auch ihre eigenen Collagen und Zeichnungen inspirieren, die teilweise auch für das Artwork von VANISHING TWIN Veröffentlichungen verwendet worden sind.

Auch wenn sie in Italien am Konservatorium Schlagzeug und Percussion spielen gelernt hat und offenbar - bezogen auf die Juristerei - Interesse an Gesetzen hat - ihr Spiel ist ganz anders gelagert. In seinen improvisierten Passagen ist es kaum zu fassen. Man vergisst seine Kinnlade, die beim Staunen über die Klangvielfalt, ihre Impulspräzision und ihr dialogisches (manchmal auch multilogisches) Feingefühl immer weiter aufgeht.

Auch da, wo sie das Ding in straightem Gang hält, mit Handreichungen an den Präzision/Zeit - drumming Stil z.B. eines Jaki Liebezeit (CAN) und der Krautrock-Fraktion, ist ein plötzlich eingebrachter, in der Textur noch fehlender Frequenzbereich nicht selten.

Valentina Magaletti:I would love to be the Hannah Höch of drums WDR 3 open: Multitrack 21.09.2023 57:10 Min. Verfügbar bis 20.09.2024 WDR 3 Von Ilka Geyer

La Tempesta Colorata | 5:00
Valentina Magaletti

Non Sia Mai | 4:51
Tomaga

The Unity Of The Mind | 3:07
Valentina Magaletti

Side A | 14:30
Valentina Magaletti & Yves Chaudouët

Bites | 3:28
V/Z feat. Coby Sey

Lotus Eater | 4:23
Vanishing Twin

Kaneh Bosem | 4:06
Holy Tongue

Moderation: Ilka Geyer
Redaktion: Markus Heuger