Impulsiv, polyrhythmisch, dissonant. Ritualhafte, immersive Präsenz. Der Strom, den FYEAR anficht, wird schneller und schneller, reicht heran ans drohende Entgleiten. Bis er plötzlich stockt. Der Glaspalast zersplittert in tausend kleine Stücke. Ein Palast, der zur Gefängniszelle geschrumpft war, der sich durch das Gewitter an Sounds, die nach einem zu greifen scheinen, und die Spoken Word Tiraden, die sich in ihrer Eindringlichkeit fast überschlagen, bis zur Platzangst zusammengezogen hatte.
Dann Weite. Luft. Entspannung. Vielleicht sogar ein bisschen gewiegt werden. Bis zum nächsten Zyklus, der noch tiefer in einen eindringt als der vorherige.
Zwei Spoken Word Artists - Kaie Kellough und Tanya Evanson - mit bisweilen übermenschlich anmutenden Leistungen des Sprachapparats. Mit einem timing, das seines gleichen sucht und das rasante Wechselspiel der beiden zwischenzeitlich zu einem einzigen Sprachrohr werden lässt. Zwei drumsets - Stefan Schneider, Tommy Crane -, die die Polyrhythmik der weltlichen Zusammenhänge abbilden, die manchmal auch ins Stolpern gerät. Zwei Violinen (Jesse Zubot, Josh Zubot), die der schneidenden Ver(w)irrung eine Gestalt geben und die Spannung bis zum äußersten treiben. Eine Pedal Steel Gitarre - Joe Grass. Elektronik. Ein Therevox. Ein Basssaxophon - Jason Sharp -, das trägt, aber auch vorprescht.
All das vor Visuals - Kevin Lo -, die die Dramen, das erschreckende der sogenannten Zivilisation ebenso abbilden, wie den Strom an Worten, der permanent durch unseren Geist strömt. Mal greifbar, mal in Buchstaben zerfallen. Schwindel erregend. Beklemmend.
FYEAR spricht sich wie <<fear>>. Und die Dringlichkeit eines so aufwühlenden Gefühls soll das Erlebnis einer Performance von FYEAR spürbar machen. Aber auch dem dadurch kalibrierten Blick in die Zukunft die Fensterläden öffnen.
„who on earth getsto ache
who on earth getsto arrive
who on earth getsto inherit
who on earth getsto strive
who on earth getsto pass
who on earth getsto port
who on earth getsto sleep
who on earth getsto exist“
FYEAR | 50:29
FYEAR
Improvised Power Duo - Farida Amadou meets Camae Ayewa aka Moor Mother | 5:41
Farida Amadou
Moderation: Ilka Geyer
Redaktion: Markus Heuger