Im Jahr 1811 lernt Carl Maria von Weber den Klarinettisten Heinrich Joseph Baermann kennen. Aus der Begegnung entwickelt sich eine der bedeutendsten Künstlerfreundschaften des 19. Jahrhunderts. Weber schreibt für Baermann, der seit 1806 als Soloklarinettist an der Münchner Hofkapelle wirkt und auch international als Virtuose gefeiert wird, insgesamt sechs Solowerke.
In der Schweiz notiert Weber erste Ideen zum Klarinettenquintett. Bis es fertig ist, vergehen insgesamt vier Jahre. Immer wieder nimmt sich Weber das Stück vor, komponiert die Sätze einzeln und nicht chronologisch. 1811 skizziert er das Menuetto, ein Jahr später, auf einer Konzertreise mit Baermann, vollendet er das Adagio. Das eröffnende Allegro folgt 1813; in jenem Jahr überreicht der Komponist das noch unvollständige Stück bereits seinem Freund und widmet es ihm. Bevor das Rondo fertig ist, dauert es dann noch einmal zwei Jahre. Am 26. August 1815 wird das Quintett schließlich in privatem Kreis uraufgeführt.
Nicht nur, dass einzelne Sätze in großem Abstand entstanden sind – von ihrem Charakter her, sind sie zudem sehr individuell. Das Allegro hat die Form eines Sonatensatzes, schlägt einen Bogen und wirkt in sich geschlossen. Die Fantasia kommt wie eine Opernarie daher, die von der Klarinette "gesungen" wird. Der dritte Satz heißt zwar Menuett, ist aber rasend schnell und rhythmisch vertrackt. Auch das Rondo, das besonders deutlich zeigt, welch ein Virtuose Baermann gewesen sein muss, schätzt Sebastian Manz sehr: "Einen brillanteren Abschluss können wir uns Klarinettisten einfach nicht vorstellen."
In der Musik scheint nicht nur durch, wie versiert Weber als Komponist für die Klarinette ist – dank Baermann. Auch der Opern- und Konzertkomponist gibt sich zu erkennen. Immer wieder entwickeln sich dramatische "Szenen", Klarinettensoli klingen wie Rezitative und Arien. Das Streichquartett liefert nicht selten lediglich den Klangteppich, auf dem die virtuose Klarinette zu Höhenflügen aufbricht.
Auf Sebastian Manz wirkt die Musik eher konzertant: "Mir war schon früh bewusst, dass dieses Quintett doch sehr klarinettenlastig ist. Deshalb führe ich das öfter mit Streichorchester auf, und dann auch mit Kontrabässen ergänzt."
Für die Aufnahme, die er 2016 mit dem casalQuartett realisiert hat, kehrt Manz zwar zu der kleinen Quintettbesetzung zurück. Dennoch spielt der Kontrabass mit. "Damit bekommt der Klang mehr Fülle und Drive". Diese kleine Bearbeitung ist nur eine der Freiheiten, die sich Sebastian Manz gegenüber der Originalpartitur erlaubt. In der Werkbetrachtung stellt er Webers Quintett vor, das er zu seinen Favoriten zählt.
Eine Collage von Markus Bruderreck
Redaktion: Eva Küllmer
Sendung
CD-Tipp
Carl Maria von Weber: Sämtliche Klarinettenwerke
SWR Symphonieorchester
Antonio Méndez (Leitung), Sebastian Manz
Label: Berlin Classics
Bestellnummer: 0300835BC