Alphons Diepenbrock gilt als einer der wichtigsten Komponisten der Niederlande. 1862 wurde er in Amsterdam geboren. Er studierte Philologie, unterrichtete als Lehrer. Als musikalischer Autodidakt komponierte Diepenbrock vor allem Vokalwerke, Schauspiel- und Bühnenmusiken. Der Dirigent Willem Mengelberg setzte sich für ihn ein, auch Gustav Mahler äußerte sich positiv.
Diepenbrocks letztes Werk stammt aus dem Jahr 1920: eine Schauspiel-Musik zu "Elektra" von Sophokles. Nach seinem Tod wurde daraus eine viersätzige Suite zusammengestellt. Romantisch-opulent klingt das 20-minütige Werk, kunstvoll instrumentiert mit dunklen Klangfarben und dramatischen Effekten.
Diepenbrock hielt sich eng an die Elektra-Tragödie: König Agamemnon wurde von seiner Frau Klytämnestra und deren Liebhaber Ägist umgebracht. Sein Sohn Orest flieht und bereitet acht Jahre lang seine Rache vor. Doch vor seiner Rückkehr nach Mykene schickt er einen Boten, der berichtet, Orest sei gestorben. Seine Schwester Elektra trauert. Am Grab Agamemnons trifft sie ihren Bruder wieder, gemeinsam rächen sie den Tod des Vaters.
Im ersten Satz entwickelt Diepenbrock prägnante Themen für die Hauptfiguren, für Trauer, Rache, Gerechtigkeit. Der zweite Satz ist ein dunkler Walzer, ein Tanz der Frauen aus Mykene. Im dritten Satz klagt Elektra über den angeblichen Tod ihres Bruders, mit fast impressionistisch klingen Harfen- und Flötenklängen. In kunstvollen crescendo-Bewegungen erkennt Elektra Orest wieder. Im letzten Satz schildert Diepenbrock mit einer drängenden Triolen-Bewegung die Rache von Orest und Elektra, bis am Ende das Blechbläser-Motiv Apolls erklingt, das Gerechtigkeit verkündet.
Der niederländische Dirigent Antony Hermus entschlüsselt diese Motive und Themen, entdeckt die trauernde Elektra, die Heimkehr von Orest, rasende Rachegöttinnen und göttliche Orakel.
Eine Collage von Christian Kosfeld
Redaktion: Eva Küllmer
Sendung
CD-Tipp
Diepenbrock: Symphonische Dichtungen
Bamberger Symphoniker
Antony Hermus (Leitung)
Label: cpo
Bestellnummer: 777 927 - 2