Ludwig van Beethovens sechste Sinfonie möchte keine unmittelbare Abbildung naturalistischer oder folkloristischer Szenen sein. Satztitel wie "Szene am Bach" oder "Lustiges Zusammensein der Landleute" legen dies zwar nahe, doch die Skizzenbücher des Komponisten verraten die eigentliche Absicht hinter den programmatischen Überschriften: "Pastoral Sinfonie Worin keine Malerej sondern die Empfindungen ausgedrückt sind welche der Genuß des Landes im Menschen hervorbringt…" Denn Beethoven war bewusst, dass "jede Mahlerei nachdem sie in der Instrumentalmusik zu weit getrieben, verliehrt".
Diesen Gedanken des Komponisten folgend, geht es im zweiten Satz "Szene am Bach" nicht primär darum, den Klang eines Baches musikalisch zu beschreiben, sondern vielmehr über die Tonmalerei zum Ausdruck der Empfindung zu gelangen. Der Komponist als Mittler zwischen Mensch und Natur. Welche Empfindungen Beethoven selbst "im Tempel der Natur" hat, beschreibt er im September 1815: "Allmächtiger im Walde! Ich bin selig, glücklich im Walde: jeder Baum spricht durch dich. O Gott! Welche Herrlichkeit! In einer solchen Waldgegend, in den Höhen ist Ruhe; Ruhe, ihm zu dienen".
Im Sommer 1807 beginnt Ludwig van Beethoven seine Arbeit an der sechsten Sinfonie, zeitgleich zur fünften. Ein Jahr dauert der Kompositionsprozess, sodass beide Sinfonien am 22. Dezember 1808 im Theater an der Wien uraufgeführt werden. Zwar haben die beiden Sinfonien viele Gemeinsamkeiten, dennoch nimmt die sechste Sinfonie im sinfonischen Werk Beethovens eine Sonderstellung ein. Bereits die Anzahl der Sätze ist ungewöhnlich: Es sind fünf anstatt vier. Ihre programmatischen Titel könnte Beethoven von zahlreichen Aufenthalten im ländlichen Heiligenstadt, nördlich von Wien, mitgebracht haben.
Das Plätschern eines Baches, derbe Landleute, Vogelrufe und Gewitter sind Situationen und Erlebnisse, die in Beethoven Empfindungen haben aufkommen lassen, die er im Heiligenstädter Testament wohl als der "wahren Freude innigen Widerhall" beschreibt.
David Marlow ist Chefdirigent der Vogtland Philharmonie. Sein musikalischer Schwerpunkt liegt seit einigen Jahren verstärkt auf der sinfonischen Musik und im klassisch-romantischen Repertoire. Am Klavier geht David Marlow den Weg der Tonmalerei in Beethovens Partitur zum Ausdruck der Empfindung nach. Dabei zeigt er, wie Beethoven seine Musik zusammensetzt, um beim Hörer die gleiche "Idee vom Landleben" zu erzeugen, an die auch der Komponist gedacht hat.
Zusätzlich hat das WDR Sinfonieorchester Köln einzelne Stimmen und Passagen der sechsten Sinfonie von Beethoven eingespielt, um musikalische Details zu verdeutlichen.
Eine Collage von Matthias Sakowski
Redaktion: Eva Küllmer