"Die Geige hatte mich ganz in ihren Bann geschlagen. Zehn Jahre war es mein frommster Wunsch gewesen, ein großer Geigenvirtuose zu werden", so klagte Jean Sibelius einmal. "Es bedeutete ein schmerzhaftes Erwachen, als ich eines Tages feststellen musste, dass ich für den mühsamen Pfad eines Virtuosen meine Ausbildung zu spät begonnen hatte."
In seinem 1903 begonnenen Violinkonzert hat diese Passion für die Geige ihren Niederschlag gefunden. Das Werk gleicht teilweise einem großen Monolog für die Geige, dessen Grundtonart d-Moll sich nicht zufällig auf den ersten Satz in Johann Sebastian Bachs zweiter Partita bezieht. Der Misserfolg bei Publikum und Kritik nach der Erstaufführung in Helsinki führte dazu, dass Sibelius das Werk noch einmal gründlich bearbeitet hat. In dieser neuen Version kam es dann am 19. Oktober 1905 in Berlin zu seiner Premiere, mit dem Geiger Carl (Karel) Halir und mit Richard Strauss am Dirigentenpult.
Obwohl der seinerzeit wohl berühmteste Geiger, Joseph Joachim, das Konzert weiterhin als "scheußlich und langweilig" ablehnte, fand es allmählich seinen Stammplatz in den internationalen Konzertsälen. Seither zählt es zu den populärsten Werken der gesamten Geigen-Literatur, vielleicht auch, weil sich Sibelius und seiner Klangsprache treu geblieben ist. Das Konzert erscheint wie eine große symphonische Dichtung, geprägt von oft dunklen, aber auch weichen Klangfarben, von denen sich das Soloinstrument manches Mal hell aufscheinend abhebt.
Eine Collage von Christoph Vratz
Redaktion: Eva Küllmer