Die COSMO Alben des Jahres 2024

Stand: 18.12.2024, 15:54 Uhr

Von postmigrantischer Rap-Exzellenz und Afropop-Dominanz bis zu HipHop-Comebacks und dreamy Indie-Latin – das sind die COSMO Alben des Jahres:

Von COSMO Musikredaktion

Apsilon - "Haut wie Pelz"

2024 war das Jahr von Arda Yolci aka Apsilon. Der Rapper aus Berlin-Moabit begeisterte die Blocks und das Feuilleton mit melancholischen Raps über das Leben in der grauen Großstadt und Perspektiven aus dem postmigrantischen Almanya. Die Geschichte der so genannten Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter verarbeitet Apsilon in Stücken wie "Baba" und "Outro", Songs wie "Friedensnobelpreis" oder "Brustumfang" beschreiben den Alltag der dritten Einwanderer-Generation und stemmen sich gegen den Rechtsruck in Deutschland. 

Tyla - "Tyla"

And the Grammy goes to ... Tyla! Mit ihrem Ohrwurm "Water" gewann die 22-jährige Südafrikanerin dieses Jahr in der jüngst eingeführten Kategorie "Best African Performance". Das dazugehörige Album führt die bewährte Formel aus R&B-Melodien und Amapiano-Beats fort - mit Überraschungen wie den Gästen Jamaika-Badman Skillibeng oder Reggaeton-Star Becky G.

Kali Uchis - "Orquídeas"

Auf "Orquídeas" verbindet sich Kali Uchis stark mit ihren kolumbianischen Roots. Sie singt alle Stücke auf Spanisch, als Gäste sind Rauw Alejandro aus Puerto Rico, Peso Pluma aus Mexiko sowie Karol G aus Kolumbien mit von der Partie. Musikalisch geht es vom melancholischen Bolero "Te Mata" bis zu treibendem Reggaeton in "Munekita". In ihren Texten bietet Kali Uchis eine komplexe Mischung aus Power und Verletzlichkeit.

Tems - "Born In The Wild"

Sie ist eine der spannendsten Stimmen im Global Pop: Tems aus Nigeria. Ihr kraftvoller und sehnsüchtiger Vortrag entfaltet auf dem Debut "Born In The Wild" seine geballte Kraft zwischen R&B, Dancehall und Afrobeats. Dazu kommen Samples von afrikanischen Welthits von Magic System und Gastverse von Rapstar J.Cole oder Afrobeats-Kollege Asake. Tems singt Lieder über Liebe, Glauben und Sinnsuche und verbindet Deepness mit Leichtigkeit und Pop-Appeal.

Ezhel - "Derdo" 

Ezhel ist aktuell der wichtigste türkischsprachige Rapper. Wegen seiner ungeschönten Texte wurde er in der Türkei verfolgt und hat in Berlin ein neues Zuhause gefunden. Die politischen und sozialen Umstände in der Heimat thematisiert Ezhel nun aus dem Exil. Dazu kommen sehnsuchtsvolle Lovesongs und schonungslose Beschreibungen innerer Zustände. Melancholisch-düstere Beats seiner alten Weggefährten Artz & Bugy begleiten seinen kunstvollen Autotune-Trap-Gesang kongenial.

Ebow - "FC Chaya"

Der sympathische Sportclub "FC Chaya" ist eine Fantasieschöpfung, mit der Ebow patriarchale Klischees aufdeckt und ihren Schwestern Mut macht. Auf dem gleichnamigen Album zelebriert die postmigrantische Rapperin lesbische Liebe auf sanftem R&B und verarbeitet ihr Coming-Out in "Ebru‘s Story". Mit der antirassistischen Hymne "Free" solidarisiert sie sich mit weltweiten Befreiungsbewegungen und gibt marginalisierten Menschen poetisch und voller Mitgefühl eine Stimme. Ebow, wir feiern dich in der Chaya-Fankurve!

Latin Mafia - "Todos los días todo el día"

Dass Mexico mehr als heiße Fiestas und Herzschmerzballaden zu bieten hat, bewiesen Latin Mafia. Dahinter verbirgt sich keine Gangsta-Rap-Crew, sondern ein Indie-Trio aus drei Brüdern, die völlig ungezwungen Dreamy Pop, EDM und R&B zusammenbringen. Auf ihrem Debut ziehen sie die Zuhörenden mit persönlichen Texten über Mental Health, Beziehungen, Verlust und Trauma in ihren Bann – und sind damit international vom Coachella Festival bis in unsere Playlisten durchgestartet.

Ezra Collective - "Dance, No One's Watching"

Auch dieses Jahr begeisterte moderner Jazz weiterhin die Musikwelt. Neben Bands wie Jembaa Groove oder Kokoroko waren es vor allem Ezra Collective, die mit einem Mix aus Jazz, Soul, Highlife und Afrobeat die Menschen zum Tanzen brachten. Das dritte Album der Londoner Combo wurde an nur zwei Tagen in den Abbey Road Studios aufgenommen und fängt perfekt das Gefühl eines ihrer energiegeladenen Konzerte ein. Zwischen tanzbaren Uptempo-Tracks gibt es auch Platz für verträumten Reggae und Soul, und sogar ein technoides Gospel-Cover von Marvia Providence. Was für ein Fest für Füße und Geist!

Rema - "HEIS"

Mit dem catchy Ohrwurm "Calm Down" wurde Rema zum Weltstar. Doch statt die bewährte Afropop-Formel fortzuführen, überraschte er mit dem innovativen Album "Heis". Darauf dominieren dissonante und elektronische Sounds mit turboschnellen Beats, und bombastische Streicher-Arrangements sorgen für Gänsehautmomente. Mit viel schwarzem Humor bietet Rema in "Hehehe" seinen Hatern die Stirn und beschreibt in "Villain" selbstbewusst seinen Superstar-Lifestyle. Another Banga!

Jamie xx - "In Waves"

Wenn Du als DJ die Tanzfläche kurz vor der Afterhour rocken möchtest, bist du mit Tracks aus "In Waves" perfekt bedient.  Hier treffen Melancholie und Sehnsucht auf Acid-Lines und Rave-Exzesse. Jamie xx liefert auf seinem zweiten Solo-Album beseelte Floorfiller zwischen House, Garage und Popmomenten. Als Gäste sind Honey Dijon und Romy und Oliver Sim von seiner Hauptband The xx zu hören. Zwischendurch samplet er Dance-Klassiker oder macht die Melodien der Hippieband The Moody Blues floorkompatibel. Let the party start!

Tyler, The Creator - "Chromakopia"

Tyler, The Creator ist der irre Dirigent des HipHop. Auf seinem dritten Longplayer klingt vieles nach einem aufgekratzten Orchester: donnernde Drums, windschiefe Chöre, schräg gespielte Bläser, aber auch hippieske Folk-Momente, zärtliche Balladen und verhalten geflüsterte Raps. Der Creator reflektiert seine Kreativität und sein Starlife, aber auch sehr persönliche Themen wie ungewollte Schwangerschaften. Was für ein Trip!

KitschKrieg - "German Engineering Zwei"

Nachdem KitschKrieg in Deutschland alles abgeräumt hat, exportieren sie ihre reduzierten Beats nun in die Staaten. Ihr zweites englischsprachiges Album ist zum größten Teil in Atlanta entstanden – statt der handelsüblichen Trap-Beats treten KK selbstbewusst mit hypnotisch elektronischen Uptempo-Tracks auf. Das gefiel Gästen wie Trap-Gott Future und jungen Talenten wie Anycia oder Hunxho so gut, dass sie die "Germans" mit formidablen, soulgetränkten Gastvocals unterstützt haben.

Doechii - "Alligator Bites Never Heal"

Der neue Stern am US-Rap-Himmel ist Doechii aus Florida. Die Swamp-Queen zündete auf der Single "Nissan Altima" ein unvergleichliches Faststyle-Rap-Feuerwerk ab und wurde prompt für einen Grammy nominiert. Auf dem dazugehörigen Album/Mixtape verhandelt sie ihren Struggle im Rap-Geschäft mit selbstbewussten Bangern zwischen Boom Bap, Trap und R&B. "Denial Is A River" ist ein humorvoller Dialog mit einer neugierigen Journalistin. In "Boom Bap" veralbert sie die konservativen Vorstellungen von alten Rap-Fans. Ein wortgewandtes Talent, das vor allem mit überdrehten Reim-Kaskaden und viel Humor überzeugt.

Common & Pete Rock - "The Auditorium Vol. 1"

2024 war das Jahr der großen HipHop-Comebacks. Snoop Dogg & Dr.Dre, LL Cool J & Q-Tip und Ice Cube zeigten weit in ihren 50er Jahren angekommen, dass sie immer noch freshen Rap produzieren können. Das Album von Conscious-Rapper/Schauspieler Common und Boom-Bap-Produzenten-Legende Pete Rock bietet feinstes Soulfood. Sie tränken ihre Beats und Raps tief in HipHop- und Black-Power-Geschichte, mit historischen Samples von Martin Luther King bis Aretha Franklin. "The Auditorium Vol. 1" ist ein Manifest der Black Consciousness, das Hoffnung macht und inspiriert.

Dina Ögon - "Orion"

Dina Ögon heißt auf Schwedisch "Deine Augen". Die Band aus Stockholm war ein Geheimtipp dieses Jahr und verzauberte mit zartem Dream Soul und der ätherischen Stimme von Sängerin Anna Ahnlund sogar Rapstars wie Tyler, The Creator. In ihren Songs geht es um Vergänglichkeit, toxische Beziehungen oder den Wunsch so zu sein, wie wir wirklich sein wollen. Der Sound eines skandinavischen Mitsommernachtstraums.