So sinnlich wie Orchideen

Review: Kali Uchis –"Orquídeas“

Stand: 18.01.2024, 12:28 Uhr

Kali Uchis bringt auf ihrem vierten Album "Orquídeas“ traditionell lateinamerikanische Sounds mit einer träumerischen Produktion zusammen. Anmutig und mühelos eröffnet sie eine Welt wie aus einer glamourösen Retro-Telenovela. Mit ihr als Hauptdarstellerin. Ein Klang, der sich ans Ohr schmiegt wie eine Seidenrobe an den Körper.

Von Elena Bavandpoori

Auf ihrem neuen Album "Orquídeas" schafft die amerikanisch-kolumbianische Sängerin Kali Uchis ein Spiegelbild der vielfältigen Latino-Musik, die sie inspiriert: Reggaeton, Salsa oder Bolero. Ihre Verbundenheit zu ihren Wurzeln zeigt sie stärker denn je. "Orquídeas" (zu Deutsch: Orchideen) sind die Nationalblume Kolumbiens. Aber sie stehen für mehr:

"Dieses Album ist inspiriert von der zeitlosen, unheimlichen, mystischen, markanten, anmutigen und sinnlichen Anziehungskraft der Orchidee" Kali Uchis

So sinnlich und verführerisch wie Kali Uchis die Orchideen empfindet, so ist auch das Hörgefühl der Platte. Bei "Orquídeas" wird klar, dass Kali Uchis sich als Latina nicht klanglich einschränken lassen will. Sie springt von sanftem R&B über fröhlichen Merengue bis hin zu Dream-Pop.

Eine (un)antastbare Göttin

Ein Großteil von "Orquídeas" fühlt sich an wie ein langer Tagtraum. Sowohl durch Kali Uchis seidige Stimme, als auch durch viele raffinierte Synthesizer und Sounds wie Windspiele - wie auf dem Song "Heladito". Dort geht es darum, wie eine Prinzessin in den Tag hineinzuleben, sich verwöhnen zu lassen und noch ein Eis essen zu gehen. Der Sound ist oft so luxuriös und geschmeidig, dass man gar nicht merkt, wie man von einem Song in den nächsten rutscht. Die Sängerin verwandelt sich in eine schillernde Figur wie aus einer Retro-Telenovela, die als mächtige und anmutige Frau über allem steht. Sie ermutigt Frauen dazu, giftige Ex-Partner in den Kofferraum des Autos zu stopfen und den Tag in rot-glitzernden Bustiers und Plateauschuhen zu verbringen – wie im Song "Te Mata“" der durch seinen Bolero-Sound mit der spanischen Gitarre das Highlight des Albums ist. Und sie inszeniert sich als "Diosa", als Göttin.

Kali Uchis‘ Themen sind Verliebtheit, Zweisamkeit, aber auch Rache. Ihrem Image als verwegene, sinnliche Frau bleibt Kali Uchis durchweg treu. Aber Kali Uchis feiert auch ihre Schwangerschaft und ihre Verwundbarkeit. Damit balanciert das Album eine sorgfältige Mischung aus Macht und Verletzlichkeit, die den Vorstellungen von Latinas in der Musik als stereotyp lustvolle Sirenen, komplexe Nuancen verleiht. Mit dem Song „Tu Corazón es mío“ und dem passenden Musikvideo zelebriert sie die Liebe zu ihrem Partner Rapper Don Toliver und ihrem ersten Kind, das die Beiden bald erwarten.

Latin-Exzellenz zu Gast

Eine weitere Besonderheit auf dem Album sind die vielen bekannten Feature-Gäste: Rauw Alejandro aus Puerto Rico, Peso Pluma aus Mexiko, Karol G aus Kolumbien. Damit das Album durch und durch für Latin Pride steht und nochmal mehr Authentizität bekommt, sind viele der aktuell gefragtesten Superstars aus Lateinamerika auf dem Album vertreten. Mit Old-School-Reggaeton wie "Muñekita" gemeinsam mit dem Dembow-Rapper El Alfa sorgt sie für dreieinhalb Minuten Hüftschwung zum Boden, dass die Knie wehtun. Der Song sampelt auch noch den legendären Reggaeton-Track "Papi Chulo".

Es gibt köstliche Referenzen zur Latino-Kultur wie "Sana, Sana, Colita de Rana" – eigentlich ein Lied, das man Kindern zur Genesung vorsingt. Aber der Song ist ganz und gar nicht kinderfreundlich. Deutlich lieblicher ist da die Synth-Pop-Hymne an weibliche Selbstbestimmung "Igual que un Ángel" mit Peso Pluma. Auf dem gesamten Album ist Uchis mutiger und direkter als auf früheren Veröffentlichungen. Sexy, cool und trotzdem in bekannter Kali-Manier butterweich. Sie taucht tiefer in neue Klänge ein und blüht dabei auf. Wie eine Orchidee.