Bürgergeld: Warum es nächstes Jahr eine Nullrunde gibt

Stand: 04.09.2024, 18:09 Uhr

Über das Bürgergeld gibt es seit Monaten viel Streit. Nun hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil für 2025 eine Nullrunde angekündigt. Dabei ist das Bürgergeld rechnerisch sogar zu hoch. Fragen und Antworten.

Von Ute Schyns

Warum wird das Bürgergeld 2025 nicht erhöht?

Minister Heil begründet das damit, dass die Inflation mittlerweile deutlich gesunken sei. Im August ist sie bundesweit auf 1,9 Prozent gefallen. Das liegt vor allem daran, dass die Energiepreise gesunken sind. Zum Vergleich: 2023 lag die Inflation noch bei 5,9 Prozent.

Der Rechtsmechanismus sei so, dass es zum 1. Januar 2025 keine Bürgergelderhöhung gibt, sagte Heil im Interview mit RTL. Nach dem regulären Berechnungsverfahren müsste das Bürgergeld sogar im nächsten Jahr um 24 Euro im Monat gekürzt werden. Das geht aus einem Entwurf der Verordnung zur jährlichen Anpassung der Regelleistungen aus dem Bundesarbeitsministerium hervor.

Wie hoch ist das Bürgergeld zurzeit?

Das Bürgergeld war Anfang 2024 um zwölf Prozent erhöht worden. Zurzeit liegt der Regelsatz für Singles bei 563 im Monat. Im Nachhinein wurde klar, dass die Erhöhung mit Blick auf 2025 zu hoch ausgefallen ist. Die Entwicklung der Inflation ist überschätzt worden.

Wieso wird das Bürgergeld dann 2025 nicht gekürzt?

Das begründet Hubertus Heil mit der sogenannten Besitzschutzklausel (§28a Absatz 5 SGB XII). Die Regelung sieht vor, dass die Höhe des Bürgergelds nicht gekürzt werden darf. Vertreter der FDP fordern, eine Kürzung zumindest zu prüfen. Für eine Kürzung müsste jedoch das Gesetz geändert werden.

Kann das Ministerium frei darüber entscheiden, wie hoch das Bürgergeld ist?

Nein. Das Bundesarbeitsministerium verweist darauf, dass sich die Bundesregierung nach den gesetzlichen Vorgaben richte und es keinen Entscheidungsspielraum gebe. Heil sagt dazu, dass das Bürgergeld "nicht gewürfelt" werde. Die Höhe der Regelsätze wird in einer Reihe von statistisch aufwendigen Verfahren und nach komplexen Gesetzen und Verordnungen berechnet. Über allem steht die Maßgabe, dass das Bürgergeld ein menschenwürdiges Existenzminimum absichern muss.

Wie wird die Höhe des Bürgergeldes berechnet?

Die Basis dafür ist die große Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) vom Statistischen Bundesamt. Weil sie sehr aufwendig ist, wird die Erhebung nur alle fünf Jahre durchgeführt. Dabei werden 80.000 Haushalte in Deutschland dazu befragt, wie sie ihr Geld ausgeben. Auf der Grundlage lässt das Bundesarbeitsministerium eine Sonderauswertung anfertigen. Bei der Einkommensverteilung schauen sich die Statistiker dann die unteren 20 Prozent der Haushalte nochmals genauer an.

Betrachtet werden dabei nur die Haushalte, die kein Bürgergeld beziehen. Sie dienen als Referenz für die Berechnung des sogenannten Regelbedarfs. Allerdings werden davon nochmal verschiedene Positionen und Geldbeträge abgezogen, die laut Gesetz nicht zum Existenzminimum gehören. Dazu zählen zum Beispiel auch potenzielle Ausgaben für Zigaretten, Alkohol, Blumen und Haustiere.

Weil die große Haushaltserhebung nur alle fünf Jahre durchgeführt wird, gibt es festgelegte Verfahren nach denen das Bürgergeld jährlich angepasst wird. Dabei spielen auch Lohnentwicklung, Inflation und erwartete Preissteigerungen eine Rolle.

Quellen:

  • dpa, Reuters
  • Bundesministerium der Justiz
  • Tagesschau.de