Stromanbieter-Tricks bei Abschlagszahlungen: Das kann man tun

Stand: 14.10.2022, 16:12 Uhr

Viele Energieversorger haben ihre Strompreise bereits deutlich erhöht oder das angekündigt. Verbraucherschützer warnen: Nicht immer sind höhere Preise oder Abschläge erlaubt. Darauf können Sie achten.

Im Oktober hat der Strompreis für Privatkunden ein neues Allzeithoch erreicht. Im Durchschnitt hat die Kilowattstunde über alle Tarife und Anbieter gerechnet fast 54 Cent gekostet. Das hat das Vergleichsportal Verivox ausgerechnet und dabei die Tarife von Neu- und Bestandskunden mit in die Analyse einbezogen. Was bei den Preiserhöhungen nicht erlaubt ist und wie sich überprüfen lässt, ob die Abschläge korrekt sind.

Wie entwickeln sich die Stromkosten weiter?

Es könnte für viele Haushalte bald noch teurer werden. Denn eine ganz Reihe von Versorgern hat für die nächsten Wochen weitere Preiserhöhungen angekündigt. Im Schnitt liege das Plus bei 25 Prozent. Nach Angaben des Vergleichsportals würde dadurch der Strom zum Beispiel für eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden durchschnittlich um rund 300 Euro im Jahr teurer.

Dürfen Energieversorger einfach so ihre Preise erhöhen?

Energieversorger dürfen prinzipiell auch innerhalb der Vertragslaufzeit Preise erhöhen. Letztlich ist das eine unternehmerische Entscheidung. Doch sie müssen das genau begründen, aufschlüsseln und ihre Kunden mit mehreren Wochen Vorlauf darüber informieren. Die haben dann ein Sonderkündigungsrecht und können ihren Vertrag solange kündigen, bis die Preiserhöhung greift.

  

Und wann sind Preiserhöhungen nicht erlaubt?

Bei Tarifen mit Preisgarantie sind Preiserhöhungen während der Vertragslaufzeit in der Regel nicht erlaubt. Auch bei Tarifen mit eingeschränkter Preisgarantie dürfen die Versorger die Preise für ihre Kunden nicht ohne Weiteres erhöhen. Das haben einige versucht, sind aber vor Gericht gescheitert. Zumindest, wenn die Versorger dass mit höheren Beschaffungskosten für den Strom begründen. Wer sich unsicher ist, ob die Preiserhöhung im konkreten Fall zulässig ist, kann das von den Verbraucherzentralen prüfen lassen.

Wann dürfen Versorger denn die Abschlagszahlungen erhöhen?

Udo Sieverding, zu Gast bei der ARD-Sendung "hart aber fair" | Bildquelle: IMAGO/Horst Galuschka

Grundsätzlich müsse man unterscheiden zwischen Preiserhöhung und Abschlagserhöhung, sagt der Energieexperte Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW. Die Versorger dürfen erst dann die Abschläge erhöhen, wenn sie ihre Preise erhöhen und die Erhöhung auch zulässig ist. "Was aber nicht geht, ist, einfach den Abschlag zu erhöhen, aber dem liegt noch gar keine Preiserhöhung zugrunde. Das wäre im Prinzip ein Kredit oder ein Darlehen, das man dem Energieversorger gibt, wenn man dann höhere Abschläge bezahlt." Und das sei nicht sinnvoll.

Wie kann ich überprüfen, ob die Abschläge korrekt sind?

Die Höhe der Abschläge muss sich nach dem Preis pro Kilowattstunde richten. Wer das überprüfen möchte, multipliziert den neuen Bruttopreis pro Kilowattstunde mit dem Jahresverbrauch, der auf der letzten Abrechnung ausgewiesen wird. Allerdings gehören in die Rechnung noch andere Kostenpunkte wie der Grundpreis mit hinein. Das Ergebnis geteilt durch zwölf Monate, erlaubt einen Hinweis, ob die Abschlagshöhe korrekt ist. Wem das zu kompliziert ist: Beim Überprüfen hilft auch der Online-Rechner für die Abschlagsberechnung der Verbraucherzentrale NRW.

Wie wird denn bei Abschlägen getrickst?

Verbraucherschützer Udo Sieverding erlebt immer wieder, dass einige Versorger bei den Abschlägen versuchen zu tricksen: "Da werden dann zu hohe Abschläge genommen, um dem Anbieter Liquidität zu verschaffen. Manche machen es aber auch umgekehrt. Das heißt: Sie erhöhen die Preise, aber nicht die Abschläge und stellen das in den Preiserhöhungsschreiben so dar, dass die Kunden das gar nicht merken." Und den Vertrag dann weiterlaufen lassen. Die böse Überraschung kommt aber mit der Jahresabrechnung, wenn dann eine saftige Nachzahlung fällig wird.

Was tun, wenn die Abschläge zu hoch sind?

Wer mit der Höhe der Abschläge nicht einverstanden ist, sollte beim Versorger anrufen und verhandeln. Wenn das nicht hilft, können Verbraucher bei einer Preiserhöhung den alten Vertrag kündigen und versuchen, zu einem günstigeren Anbieter zu wechseln. Allerdings dürfte das schwierig werden.

Lohnt sich ein Wechsel des Stromanbieters überhaupt noch?

Wer sich auf den Vergleichsportalen umschaut, findet momentan nur Tarife mit einem Arbeitspreis ab 60, 70 Cent die Kilowattstunde. Energieexperte Sieverding sieht die Energiemärkte im Ausnahmezustand: "Das schlägt sich auch auf den Vermittlungsportalen nieder. Es gibt viel weniger Angebote und die sind in aller Regel unattraktiv."

Anders als früher bieten zurzeit häufig die Grundversorger die günstigsten Tarife an. "Das liegt daran, dass sie den Strom oft vorausschauender einkauft haben als die Stromdiscounter.“ Deswegen kann es durchaus eine gute Idee sein, zum Grundversorger zu wechseln. Meistens sind das die regionalen Stadtwerke. Wer den Grundversorger in den Portalen nicht auf Anhieb findet: Das lässt sich über eine Internet-Recherche schnell herausfinden.

Und wann kommt auch eine Strompreisbremse?

Während bei der Gaspreisbremse bereits konkrete Vorschläge auf dem Tisch liegen, stehen die Details für die Strompreisbremse noch nicht fest. Bundeswirtschaftsminister Habeck hatte angekündigt, dass die Strompreisbremse bis Ende des Jahres kommen soll. Der Gesetzentwurf sei gerade in der Mache, heißt es aus seinem Ministerium. Die Bundesregierung will die Strompreisbremse dadurch finanzieren, dass sie sogenannte "Zufallsgewinne" bei großen Stromerzeugern abschöpft. Falls das nicht ausreicht, sollen Zuschüsse aus dem neuen 200 Milliarden Euro schweren Entlastungstopf entnommen werden.